» … what you hear is what you are in …« 189 Inter-Modale Transposition – Sehen nach der Logik des Hörens Die virtuelle Bilderwelt, die Interaktion in den screen-aesthetics wird zunehmend eine körperliche – sie mutiert vom Mechanischen zum Hedonischen: Das sprach-liche Befehlen der command language ist überwunden. Vom bedingt körperlichen Auswählen von Icons mit dem Händchen über das ›Touchen‹ von Screens hat sich die Interaktion heute bereits im Massenprodukt zur (ganz-)körperlichen Interaktion erweitert. Neben Sport (als zweckfreies hedonisch motiviertes, mechanisches Bewe-gen) ist Musizieren das gängige Spiel-/Interaktionsverhalten mit digitalen Virtua-litäten, das Instrumentarisieren des emotionalen Ausdrucks.Zugleich ziehen sich (abseits des Mainstreams) Pop-Gruppen/-Musicians von der medialen Repräsentanz ihres Tuns zurück auf ihr Metier: das Live-Performing, das unmittelbar (unvermittelte) körperlich instrumentarisierte Stimulieren von Kör-pern durch Sounds und andere (parallel laufende) sensorische Stimulantien – Licht, zunehmend Geruch – und sie nutzen dabei den massenhaften Körper als reinforce-ment.Sie praktizieren das musikalisch, funktional über Klang(gestaltung), was ihre so-ziale/politische Intention stets war, körperliche Erregung – zur Affirmation von kol-lektiven good feelings, zur Stärkung von Dissidenz in der Gegenhaltung,18 zur Ver-weigerung der Vereinnahmung abseits hedonischer Eigenempfindung und damit zur Schaffung von pluralen individuellen Lebensalternativen.Sie praktizieren das, was sich die Avantgarden der visuell motivierten Medien-künste angeeignet haben: Erregung durch Stimulantien. Solche multisensorischen Künste 19 basieren auf intermedialer Transposition, konkret: auf der Übertragung der hedonischen Regulierung von Klängen (oder Codes für Klänge) nach Span-nung-Lösung – nach Erregung – auf die Strukturierung anderer sensorischer Sti-muli – sie nutzen die Immersion von Musik.Die Hinwendung zu Immersion ist keine Absage an Medialität und deren Wirk-lichkeit und Künste, sondern ein theoretisch längst vorbereiteter Paradigmenwech-sel: Die Abkehr von der Welt des Sehens – der Simulation von Wirklichkeitsbil-dern – und die Zuwendung zum Erleben von ›Wirklichkeitsenvironments‹ – ein Eintauchen in die Welt des Hörens, eine » immersion into the ocean of sound « .20 Die Formalisierung des Hörens (in Musik) führte in eine Welt, welche (sprach-nahe) Codes setzte, um sie verstehend lesen zu können. Sie führte aber auch in eine Welt, welche die Struktur der Codes klar den sensorischen Qualitäten der sie kodie-renden Klänge nach Spannung-Lösung (hedonischen Qualitäten) unterordnete – und darin ist sie ein Vorbild für die Verbindung von Medialität und sensorischer Wirklichkeit.18 Jauk: Pop: Mediatisierung und der dissidente Körper (s. Anm. 5)19 Vgl. Werner Jauk: Multisensorische Künste. Musikalisierung der Künste des » common digit « und der » re-defined body « , in: Techno-Visionen. Neue Sounds, neue Bildräume, hrsg. von Sandro Droschl, Christian Höller und Harald A. Wiltsche, Wien 2005, S. 94–111. 20 Vgl. David Toop: Ocean of Sound. Klang, Geräusch, Stille, St. Andrä-Wördern 1997.