200 Werner Jauk tion erlaubt das Spiel mit Immersion, die körperliche Beziehung in der Gestaltung der klanglichen Gestalt.Die Notation ist eine Mediatisierungsstufe, die als intermodale Transposition be-trachtet werden kann. Musik, hier das Werk, wird aus dem mit dem Sehen verbun-denen Verstehen gestaltet und analysiert. Mit der Notation überstrahlen abbildbare Aspekte des Klanges die klangliche Gestaltung. Notation ist die (relativ) exakte An-gabe von Höhen (grafische Fixation auf der Oben-Unten-Skala nach dem Embodi-ment von Gravitation, dem Verhalten von Gegenständen nach ihrem empfundenen Volumen und ihrer Dichte übertragen auf Klänge), annähernd Dauern (grafische Fi -xation aus dem Embodiment von Plastizität des Klanges). Dynamik ist vage, am Embodiment der körperlichen Mit-Bewegung orientiert, (vor)geschrieben; Klang-charakteristika und räumliche Positionen sind tradiert gegeben. Erst neue und elek-tronische Musiken haben deren Variabilität versucht – Spatialisierung ist mit ihrer technischen ›Verfügbarkeit‹ in aller Munde. Bloß, diese Versuche bleiben in der Fortführung des Reihendenkens auf entsprechende Parameter stecken, sie werden nach Gesichtspunkten des Sehens gestaltet, man ergötzt sich darin, sie im Hören se-hend zu verfolgen – der Genuss wird als kultureller definiert, wenn man die ent-sprechenden Reihen auch noch visuell verfolgen und damit verstehen kann.Pop hingegen gestaltet (gleichsam theorielos) aus der Körper-Klang-Koppelung den unmittelbar körperlich und zugleich technisch immersiven Sound. Klang ist heute direkt – ohne den Umweg über den am Abbild orientierten Code technisch manipulierbar. Der visuelle Code als Vermittler ist damit obsolet geworden – die Verzerrung von Musik durch seine wesensbestimmte Logik überwunden. Solche Musik bleibt damit innerhalb der Logik ihres Modus, der klanglichen Interaktion mit der Umwelt.Mit den technischen Medien zur Klangspeicherung wurde in der Generierung wie im Verstehen von Musik die Dominanz des Sehens obsolet. Technische Medien führten nicht nur zur direkten Klangmanipulation, sie führten auch zur Beschleuni-gung und Codierung, zu dynamischen Virtualitäten wie Musik auch eine ebensol-che ist – sie funktionieren daher auch nach der Logik des Hörens.Von Duchamp gefordert, ist der Fall der Dominanz des Sehens aus innerer Not-wendigkeit heraus für die digital culture gegeben. Gilt es in der Musik den tradiert hohen kulturellen Wert des Zusammensetzens von visuellen Codes nach Kriterien des Verstehens durch Pop, als das musizierende Gestalten aus kommunikativer In-teraktion durch den Erregungswert des Klanges geregelt, zu relativieren, so ist die digital culture ob der Transgression des Mechanistischen ›kulturgemäß‹ eine Kultur des Hörens. Affirmationen der Dominanz des Sehens machen Avantgardisten zu ›Klassizisten‹; die Ablehnung von Pop macht sie weniger zu gesellschaftskritischen Denkern in der Folge der späten 60er Jahre, denn zu Vertretern elitären Kunstver -haltens.Abseits des Kunstlebens, wo Tradierung die eigene Institutionalisierung affir-miert, tritt im Alltag ins Bewusstsein, dass die digital culture eine musikalisierte sei – zunehmend wird damit das gelebte Paradigma Musik zur dominanten Praxis