Französische Musik vor und nach dem Ersten Weltkrieg 223 Gefährdungen entstehen der Grundtonart, obwohl ihr charakteristischer D7 allge-genwärtig ist, paradoxerweise daraus, dass sie nur von engsten Verwandten umge-ben ist. Es bedarf keiner größeren verändernden Eingriffe, um einen Tonsatz, der die Verbindung der ersten mit der zweiten Tonstufe, gar die Folge des fünften, ers-ten, zweiten Tons herausstellt (T. 2 Klavier, T. 3/4 Singstimme) und den Ton der fünften Stufe durchweg als Achsenton benutzt (Singstimme), in Richtung der terz-quintverwandten Tonart f-Moll oder des quintverwandten As-Dur zu lenken. Zu-dem ist innerhalb der Kadenz, die als Klavierformel dem Werk vorangestellt ist und mehrfach wörtlich repetiert wird, der an dritter Position zu hörende subdominan-tische Klang wegen der Stimmführung in Bass und Diskant zweideutig – fortzufüh-ren entweder in f-Moll, der Tonart des unmittelbar vorangegangenen Akkords, oder in Des-Dur, dessen Autorität oder Plausibilität im wesentlichen darauf beruht, dass es den Initialakkord stellt.Die harmonische Formel, im Klaviervorspiel exponiert und in der ersten Ge-sangsphrase motivisch profiliert, dient dem gesamten Lied als Modell, das entweder in seinem ursprünglichen Rahmen von zwei Takten abgewandelt oder zur viertakti-gen Gruppe erweitert wird. In der ersten Strophe ist die viertaktige Gruppe, der das zweite Zeilenpaar zugrundeliegt, Schauplatz einer harmonischen Digression, die von der Singstimme ausgeht. Deren melodische Kadenz in As-Dur wird im Klavier zunächst unterstützt (T. 7/8: Dv – T3 – S), dann durch konkurrierende Zwischendo-minanten nach f-Moll und Des-Dur konterkariert. Notenbeispiel 4: Fauré, » Le Secret « , T. 15f. Satz: Folker Froebe In der zweiten Strophe erfolgt die Digression ausgehend von der Mollvariante in-nerhalb des zweitaktigen Grundmodells selbst. Wiederum ist die Singstimme, die in T. 15 den Ton a 1 ergreift, der Auslöser. Die Pointe des zweiten Zeilenpaars liegt dar-in, dass genau jene Akkordfolge, die in der ersten Strophe Träger der modulato-rischen Gefährdung war, nun die Rückführung vom Halbschluss in E-Dur (T. 16) zum Halbschluss in der Grundtonart bewerkstelligt. Durch Oktavierung einer Mit-telstimme tritt die lineare Logik der Gruppe zutage. Der Quintgang von es 2 zum as 1,