240 Thomas Kabisch se Komposition aufzuhübschen.115 Lokal motivierte Temposchwankungen und ex-treme klangliche Effekte (etwa am Anfang des zweiten Lieds der » Chansons madé-casses « ) sind die Folge. Übersteigerte Kontraste aber sind der Tod der Kultur der Nuance, die ihre Pointe darin hat, dass » dasselbe anders « erscheint bzw. dass radi -kale Umschläge des Ausdruckscharakters, die Ravelsche Dramaturgie der Verwand-lung, aus geringfügigen Änderungen im Tonsatz hervorgehen.Die Aufnahme der » Chansons madécasses « mit der Sängerin Madeleine Grey und Ravel am Klavier 116 gibt – ungeachtet möglicher Einwände im Detail – einen Eindruck von der notwendigen Unabhängigkeit der Deklamation, von den Wirkun-gen, die das kultivierte Sprechen innerhalb der musikalischen Komposition produ-ziert, von der eigenständigen Materialität des (klanglich realisierten) Textes im Lied. Das große Crescendo-Accelerando im zweiten Lied, als rein musikalische Steige-rung von fragwürdiger Simplizität, wird in der Realisation durch Madeleine Grey durch singendes Sprechen vorangetrieben, durch ein Singen, das seine Zeitordnung im Detail ganz aus dem Duktus des Sprechens bezieht und (nach den Stichworten » esclavage « und » plutôt la mort « ) in wildes Gestikulieren ausbricht. Taktweise an-geschlagene Basstöne sorgen für eine zeitliche Rasterung im Großen und für Grob-Synchronisierung mit dem Instrumentalpart. Die Schichten, aus denen der Tonsatz zusammengesetzt ist, folgen wie die Stimme eigensinnig ihrem jeweiligen Muster. Unter dem Einfluss charakteristischer Bassschritte (Quarten vor allem) kommt es nur lokal zu funktionalen Zusammenschlüssen zu Taktpaaren.115 Ähnlich büßen die Lieder Bob Dylans in der Wiedergabe durch Joan Baez ihre Innenspannung ein. Vgl. dazu: Bob Dylan. Ein Kongress, hg. von Axel Honneth, Peter Kemper, Richard Klein, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2007, S. 332.116 Pearl GEMM 0013 (1932).