Musiktheorie und Werkanalyse in der Musikalischen Erwachsenenbildung 257 Musikpraktische Veranstaltungen wie Chor- oder Orchesterprojekte, in denen musiktheoretische Anteile eher marginal durch verbale Erläuterungen des En-sembleleiters einfließen, verzichten zumeist auf entsprechend spezifizierte Hilfsmit-tel. Die Teilnehmer nutzen allerdings zunehmend im Umfeld aller Projekte Informa-tionen aus dem Internet. 7 ergo – folglich 7.1 Andragogische Modelle Aus andragogischer Sicht sollte ein Lehr- / Lernprozess weniger von der extrin-sischen Verpflichtung bestimmt sein, vorgegebene Lernpensen und Lernziele inner-halb eines bestimmten Fachkanons zu erwerben, sondern jedes Individuum sollte ihn aus einem persönlichen Bedürfnis heraus beginnen. Die Organisation des Lehr-/ Lernprozesses hat in ihrer Gestaltung durch den Lehrenden der Summe dieser Be-dürfnisse so weit wie möglich mit seinem Bildungsmanagement Rechnung zu tra-gen. Verschiedene andragogische Ansätze bieten sich für die Praxis der Erwachse-nenbildung an. Vier Konzepte, die mir für eine fachdidaktische Verwendung in der Musikandragogik geeignet erscheinen, seien kurz umrissen: – Die Didaktik aus konstruktivistischer Sicht (Rolf Arnold / Horst Siebert) definiert Erwachsenenbildung als Identitätsbildung, die notwendigerweise ein reflexives Lernen sein müsse. Sie beginnt nicht mit den Sachbezügen, sondern mit der Teil-nehmerorientierung und Zielgruppenarbeit. Dabei können auch neue Zielgrup-pen definiert werden, für die neue Bildungsangebote und damit neue Wirklich-keiten in Form eines ›self-fulfilling prophecy-Effekts‹ geschaffen werden. Dieser konstruktivistische Ansatz geht davon aus, dass Menschen als » selbstreferentiel-le, autopoietische Systeme « in ihrer » Biographizität « 38 » lernfähig, aber unbelehr-bar « 39 seien und somit ihren Lernprozess nur selbst steuern und reflektieren können. Der Lehrende könne und solle nur die Lernumgebung, oder wie Siebert sagt, » eine bildungs- und gesellschaftstheoretisch begründete Rahmung der Lernbewegung des Einzelnen « ,40 so optimal wie möglich gestalten, um den Lernprozess zu ermöglichen. Die Professionalität des Lehrenden sei die des » Deutungslernens « hinsichtlich seiner Zielgruppe. 38 Horst Siebert: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik aus konstruktivistischer Sicht, Neuwied 1996, S. 27 und 97f.39 Ebd., S. 23.40 Rolf Arnold: Porträts und Konzeptionen zur Erwachsenenbildung. Studienbrief Nr. EB 0110 des Mas-ter-Fernstudiengangs der TU Kaiserslautern, unveröffentlichtes Manuskript, Kaiserslautern 2010, S. 82–87.