258 Claudia Kayser-Kadereit – Einen ähnlichen Ansatz, allerdings unter stärkerer Einbeziehung der emotiona-len Kompetenz des Erwachsenen vertritt die moderate Position der » Ermög-lichungsdidaktik « (Erhard Meueler) anstelle der » Belehrungsdidaktik « . Defizite werden als Lehr- und Lernanlässe einer als » Krisenwissenschaft « verstandenen Erwachsenenbildung gesehen, die als » partizipatorische Bildungsarbeit « dem Lernenden im Freiraum des dialogischen Gegenübers die Vermittlung von bis-lang nicht Gewusstem oder nicht Gekonntem anbiete. Diesem Konzept empha-tisch-subjektorientierter Erwachsenenbildung liege ein dialektisches Verständnis des Subjektbegriffs zugrunde. Das Handeln des Menschen sei stets von emotio und ratio bestimmt, sodass es musikandragogisch gleichermaßen aus » engagier-tem Involviertsein und reflektierender Distanz zum Erlebten « betrachtet werden müsse.41 – Peter Faulstich vertritt einen » kritischen Pragmatismus « , der z. T. auf Theore-tikern basiert, die der Kritischen Theorie und entsprechenden Strömungen der Erziehungs- und Sozialwissenschaft zuzuordnen sind. Dem von ihm kritisch ge-sehenen Konstruktivismus stellt er die öffentliche Verantwortung gegenüber, die für die Bereitstellung von Lernangeboten im Sinne einer Art » Daseins-Vorsorge-pflicht « 42 aufzukommen habe. Faulstich stellt Lernen in Bezug zur Biographie und zu den sozialen Milieus, fragt nach der » inneren Entfaltung « und der Ge-sellschaft, die » die Möglichkeitsräume für diese Entfaltung bestimmt « , wobei er auf klassische humanistische Bildungstheorien zurückgreift.43 – Schließlich sei auf den bereits in Kapitel 5 erwähnten Ansatz Wolfgang Müller-Commichaus verwiesen. Seine » Pädagogik des Zulassens « gründet auf einem philosophisch-pädagogischen Konzept vom guten Leben, » ehe es der Frage nachgeht, ob bzw. wie Lebenskunst gelernt und gelehrt werden kann « . Deren Ziel sei » ein Lehren ohne zu lehren « und » ein Handeln, das nicht durch pädago-gische Intention, sondern durch pädagogisch wirkende Begegnung gekennzeich-net ist « . Tugenden wie » Intellektualität, Besonnenheit und ›wissende‹ Heiter-keit « und deren hilfreiche Kraft zur individuellen Gestaltung und Wahrneh-mung von Lebensglück stehen im Mittelpunkt seines persönlichkeitsbildenden Leitbildes.44 41 Erhard Meueler: Erwachsene lernen. Beschreibung, Erfahrungen, Anstöße, Stuttgart 5. Aufl. 1998; vgl. Arnold: Porträts und Konzeptionen zur Erwachsenenbildung, S. 68–74 (s. Anm. 40).42 Arnold: Porträts und Konzeptionen zur Erwachsenenbildung, S. 11 (s. Anm. 40).43 Peter Faulstich: Weiterbildung. Begründungen Lebensentfaltender Bildung, München 2003; vgl. Ar -nold: Porträts und Konzeptionen zur Erwachsenenbildung, S. 10–18 (s. Anm. 40). 44 Müller-Commichau: Lebenskunst lernen, Buchrückseite und S. 3 (s. Anm. 26).