Gavin Bryars, ein untergehendes Schiff und Jesu Blut 289 nach sechsundzwanzig Minuten das Stück über drei Minuten langsam ausgeblen-det wird. Auffällig ist zunächst, dass Bryars die Instrumente einzeln oder zusammen mit ihrer zugehörigen Instrumentengruppe einsetzten lässt. Er mischt die Instrumenten-farben nicht, sondern erreicht einen maximal homogenen Klang in den einzelnen Sektionen. Zum einen wird somit auf die logische Konzeption des Stückes, klang-lich zusammengehörige Instrumente werden zu Gruppen gefasst, verwiesen, zum anderen bilden die Sektionen tonfarblich ineinander greifende Schichten, die die Wirkung eines breiten, dichten Klanggefüges unterstützen. Insgesamt sind alle Stimmen sehr tief gesetzt und nutzen lediglich einen mini-malen Tonumfang. Daraus ergibt sich ein sehr weicher und dumpfer Klang, aus dem lediglich die ›hohen‹ Töne der Trompete in Takt 8 bis 11 sowie die gezupften Akkorde der Gitarre herausfallen. Satztechnisch ist die Begleitung auf eine flächige, sich horizontal ausbreitende Klangwirkung hin angelegt. Lange Haltenoten gleich zu Beginn des Stücks, in den meisten Sektionen von Takt 2 bis 4, breiten einen Klangteppich aus, der sich mit dem Einstieg weiterer Instrumente zunehmend ver-dichtet. In der Mitte der Komposition, ab Takt 6, um den Höhepunkt der Gesangs-phrase in Takt 8 auf den Tönen a und gis wird die Begleitung durch die Aufhebung der Überbindungen bewegter. Danach kehren die Begleitstimmen zu der flächigen Untermalung des Beginns in Form von übergebundenen Noten zurück. Bereits in dieser kurzen zwölftaktigen Grundstruktur von » Jesus' Blood Never Failed Me Yet « spiegelt sich ein mehrfach in Bryars' Kompositionen zu findender Duktus. An dieser Stelle sei nochmals auf das schon vormals eingefügte Zitat Bryars verwiesen: » Die Stimmung tendiert einfach zur Ruhe. Es kann dennoch einige rasche und recht laute Passagen in der Mitte eines Stückes geben, aber der Eindruck am Ende wird doch der einer ziemlich langsamen und recht ruhigen Musik sein […].« 17 Sind die Verän-derungen der Begleitstruktur in » Jesus' Blood Never Failed Me Yet « eher gering, ist dennoch der Bogen von ruhig – bewegter – ruhig nachvollziehbar. Auch harmo-nisch lässt sich eine ähnliche Gestaltung erkennen. In den ersten vier Takten pendelt die Begleitung zwischen einem h-Moll- und E-Dur-Septakkord. Die folgenden vier Takte ohne Überbindungen bringen auch einen bewegteren harmonischen Rhyth-mus: Von A-Dur über h-Moll, cis-Moll, Cis-Dur nach fis-Moll. Alle Akkorde sind ne-ben weiteren Tönen um eine Septime erweitert. In den letzten vier Takten kehrt die Begleitung diesmal über H-Dur nach E-Dur zurück. Die permanente Erweiterung der Akkorde mit Septimen gibt dem Klang eine bestimmte Kolorierung, ermöglicht aber auch ein harmonisches In-der-Schwebe-Halten. Jeder Akkord fordert durch den nach Auflösung strebenden Klang der Septime innerhalb eines Akkords eine Weiterführung heraus. Obgleich es möglich wäre den Satz zu » Jesus' Blood Never Failed Me Yet « funk-tionstheoretisch zu analysieren, scheint die Konstruktion einer Kadenz für dieses Stück geradezu irreführend. Durch die Ausweitung der Akkorde besonders mit 17 Gavin Bryras in: Andreas Skipis: Klänge zum Untergang der Titanic, 32:34 (s. Anm. 2).