Die 6. Sinfonie von Hans Werner Henze 297 Abb. 1: Disposition der Orchester Dabei fallen mehrere Dinge ins Auge: a) Henze zieht die einzelnen Instrumental -gruppen (Holz, Blech, Schlagwerk, Streicher) innerhalb der beiden Orchester aus-einander; b) es gibt einen Rahmen oder eine Klammer, die zur Mittelachse symme-trisch angelegt ist. Dazu gehören die je zwei Schlagzeuger, aber auch die beiden Klavierinstrumente und die beiden Instrumente mit Kontaktmikrofon. Die Letztge-nannten bilden auch die Ecken der Gesamtaufstellung; c) zwischen den verbleiben-den Gruppen findet sich keine symmetrische Anlage mehr. Henze scheint mit dieser Aufstellung zwei Punkte erreichen zu wollen, die sich zunächst zu widersprechen scheinen: die beiden Orchester zu individualisieren, ohne die klangliche Homogeni-tät aufzugeben. Die Klammer aus Klavier, Gitarre, Violine und Orgel, zusätzlich un-terstützt von den vier Schlagzeugern sorgt für eine deutlich getrennte Wahrneh-mung rechts / links und somit für eine Bewusstmachung der zwei Orchesteridenti-täten. Die unsymmetrische Verteilung der übrigen Stimmgruppen gleicht die Klang-balance wieder aus. Die Tatsache, dass hierbei Anklänge an die üblichen Orchester-aufstellungen weitestgehend vermieden wurden, fördert beim Hörer die Wahrneh-mung zweier Klangkörper. Wesentlicher noch als die Frage, ob der Hörer aufgrund der Aufstellung den Ge-samtklangkörper in zwei Identitäten aufteilt, erscheint jedoch, ob sich diese Tren-nung auch in der kompositorischen Ausgestaltung widerspiegelt, ob also den im Be-wusstsein des Hörers gebildeten Orchesteridentitäten eine Eigenidentität in der kompositorischen Substanz entspricht. Anderenfalls hätte die gewünschte Raum-