Die 6. Sinfonie von Hans Werner Henze 303 2.Blöcke beginnen und enden in aller Regel mit vollen Takten, womit eine klare Abgrenzung zwischen den Blöcken erreicht wird. Nur in Einzelfällen findet man Abweichungen von diesem Prinzip, z. B. ist beim Übergang von 29 nach 30 durch die Hauptstimme im Cello des 1. Orchesters eine deutliche Ver-klammerung beider aufeinanderfolgender Blöcke festzustellen, was jedoch die unterschiedlichen Charakteristika nicht berührt. An zwei Stellen, die al-lerdings bei genauer Betrachtung eine starke Beziehung zueinander aufwei-sen, ragt ein Block über das Taktende hinaus: Der Übergang 1/2 (S.15) mar-kiert den Höhepunkt des bereits beschriebenen Crescendos und der ver-schränkten Glissandi, der durch die schwere Zählzeit Takt 28.1 ein besonde-res Gewicht bekommt. Ähnliches gilt für das Ende von Block 42 (S. 59). Ver-gleicht man die charakteristischen Satzbestandteile an beiden Stellen, so fin-det man ebenfalls eine Beziehung: die akzentuierte Tonwiederholung als Quintole in den Hörnern des 2. Orchesters in Takt 27 findet seine Entspre-chung in den akzentuierten Tonwiederholungen im gesamten Blech in Takt 421, diesmal in Septolen. 3.Die Blöcke grenzen sich nahezu immer mit einem Wechsel im Metrum von-einander ab. Dies und Punkt 2 zeigen, dass Henze das Metrum nicht bloß als abstrakte Zähleinheit versteht, sondern dass es für ihn eng mit dem jewei-ligen musikalischen Gestus verbunden ist. Dafür spricht auch, dass das Bild eindeutig vom 2/4- und 3/4-Takt bestimmt wird, die mit ihren prinzipiell völ-lig eindeutigen Schwerpunktsbildungen das Bestreben Henzes unterstrei-chen, auf eine klare und nicht durch wechselnde Taktschwerpunkte ver-wischte Blockcharakteristik hinzuwirken. Die Frage bleibt, ob das Metrum tatsächlich einen wesentlichen Anteil an der Wahrnehmung einer Block-charakteristik besitzt oder ob nicht besonders prägnante Figuren zu Beginn (z. B. die drei ff-Schläge auf die Stahlplatten bei Block 7), innerhalb (z. B. die dauernden Tonrepetitionen in Block 29) und am Ende (z. B. die Tonrepetition mit cresc. bei Block 4) einen viel größeren Anteil daran haben. 4.Es gibt im Grunde im gesamten ersten Teil nur zwei Tempi: MM 92 und meno mosso. Die mit più mosso bezeichneten Stellen ab S. 46 stehen nach ei-nem auf MM 92 bezogenen meno mosso. Es ist daher anzunehmen, dass da-mit ein Tempo von etwa MM 92 gemeint ist, ohne dass dies explizit gesagt wird. Der Bezeichnung Tempo giusto aus den Abschnitten 41–44 ist leider ein konkreter Bezug zu den beiden anderen Grundtempi nicht zu entnehmen. Außerhalb dieser Betrachtung stehen die Blöcke 25 und 36, die im Rahmen eng umrissener Improvisationsmöglichkeiten verschiedene, übereinander ge-lagerte Temposchichten ohne konkretes Metrum aufweisen.