Die 6. Sinfonie von Hans Werner Henze 305 sei mit II bezeichnet. In den nachfolgenden Blöcken 4–10 wird das Material aus I und II verarbeitet.Block 4 ist geprägt durch einen Blechbläsersatz, der auf If Bezug nimmt. Da hier das in I unselbständige Element eine eigenständige Erlebnisqualität bekommt, sei der vorher kleine in einen großen Buchstaben umgewandelt: IF. Am Ende (T. 45) fin-det sich ein Bezug auf Ie.Block 6 variiert Material II. Dies wird gehörsmäßig vor allem durch den aufgelo-ckerten Gesamtgestus deutlich. Aber auch einige Einzelheiten weisen darauf hin: Die Figur der kleinen Flöte Takt 47 ist die Umkehrung der Figur der Violinen 1 (2. Orch), Takt 33. Zudem besitzen die Linien der Flöte Takt 30f. und der Bratschen Takt 48f. exakt die gleiche Melodiekontur und Gestik:Notenbeispiel 1 Die Erkenntnisse der Musikpsychologie zeigen, dass für das Erinnern und Wieder-erkennen einer Melodie die Melodiekontur, also die Abfolge von Auf- und Abwärts-bewegung, gerade bei nicht tonikaler Musik eine außerordentlich große Bedeutung besitzt.8 Dies findet sich hier unmittelbar in der musikalischen Praxis wieder. Da der Gesamteindruck des Blocks dem von II entspricht, sei er als II' bezeichnet.Der folgende Block 7 bringt eine Kopplung des bisher exponierten Materials: Der Blechsatz aus If wird mit Elementen aus II' verbunden (z. B. wird Figuration in den Streichern aus Takt 53f. ähnlich in Takt 59f. fortgeführt). Zusammen nimmt man eine neue Charakteristik wahr: III. Intern ist dieser Block als Imitation zwischen bei-den Orchestern aufgebaut. Die Blöcke 9 und 10 bestehen sämtlich aus Elementen aus I, die neu gekoppelt werden und im Rahmen dieser Umgestaltung an Eigenständigkeit gewinnen. Block 9 lässt sich beschreiben als Ia,b,d,f. Die auskomponierte Tonwiederholung aus Ia wird anders umgesetzt (S. 20). Die Hauptstimme aus If taucht um eine Quinte transponiert in den Posaunen auf. In Block 10 werden die Elemente Id und Ic gekop-pelt, auch dies unter zunehmender Profilierung und Schärfung der einzelnen Cha-8 Vgl. hierzu W. Jay Dowling, & Diane S. Fujitani: Contour, Interval, and Pitch Recognition in Memory for Melodies, in: JASA 49 (1971), S. 524–531 und Judy Edworthy: Melodic Contour and Musical Struc-ture, in: Musical Structure and Cognition, hrsg. von Peter Howell, Ian Cross und Robert West, Lon-don 1985, S. 169–187.