Klimawandel im Klassenraum 345 verstanden als die Befähigung, das eigene Lernpotenzial in schulische Leistung um-zusetzen. Studien zu musikalischen Transfereffekten und unser musik- und bewe-gungsbasiertes Diagnoseinstrument beruhen also auf unterschiedlichen Annahmen und verfolgen mit jeweils eigenen Methoden verschiedene Ziele. Transferstudien er-fordern zum Beispiel Vergleichsgruppen, die im Schulalltag immer problematisch sind, und eine Folge von Messzeitpunkten, um den Lernzuwachs und die Entwick-lung der Kinder bei unterschiedlichem Treatment zu vergleichen. Vergleichsgrup-pen sind in unserer Studie nicht erforderlich. Die zentrale Frage lautet ja nicht wie in Transferstudien: » Welche Lerneffekte entstehen durch musikalische Aktivitäten in außermusikalischen Entwicklungsbereichen « , sondern: » Was brauchen Kinder, damit sie ihr vorhandenes Begabungspotenzial entfalten können?« Einige Begabungsumsetzungs-Kompetenzen sind schon gut bekannt. Dazu ge-hören die Fähigkeiten, mit Stress und Frustrationserlebnissen gut umgehen und sich selber steuern und motivieren zu können. Die Lern- und Begabungskompetenzen werden mit einem in der Abteilung Begabungsforschung des » Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Begabung und Entwicklung « (nifbe) unter der Leitung von Julius Kuhl entwickelten Test erfasst. Handlungs- und Lageorientierung sowie flüssige Intelligenz und die Ergebnisse statistischer Zusammenhangsanalysen mit charakteristischen Bewegungsmerkmalen zu ausgewählter Musik in standardisier-ten Bewegungsaufgaben werden außer mit den genannten Befunden auch vergli-chen mit den Schulnoten der Kinder und den Aussagen der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Eltern über das aktuelle Lernverhalten der Kinder. Das zentrale Ziel ist es, mit neu zu entwickelnden und gesicherten diagnostischen Verfahren aufgrund systematischer Bewegungsbeobachtung, die Fähigkeiten von Grundschulkindern zur Umsetzung ihrer persönlichen Begabung in Leistung sicher einschätzen zu kön-nen. Auf dieser Grundlage wird es möglich sein, Förderprogramme solcher Fähig-keiten gezielter und differenzierter als bisher zu entwickeln und die Wirksamkeit vorhandener Programme zu überprüfen und zu verbessern. Ein musik- und bewe-gungsbasiertes Diagnoseinstrument zur Erfassung der Lern- und Begabungskompe-tenzen von Grundschulkindern in alltagsnahen Unterrichtssituationen ist eine wich-tige Voraussetzung dafür, dass individuell wirksame Fördermaßnahmen möglichst vielen Kindern zugutekommen und in den alltäglichen Schulunterricht integriert werden können.Begabungskompetenz, also die Fähigkeit, die eigene Begabung in Leistung um-zusetzen, ist mit der Körperwahrnehmung eng verbunden. Kinder nehmen ihren Körper am sichersten in der Bewegung wahr. Die differenzierte Wahrnehmung des eigenen Körpers ist aber die Voraussetzung für das, was die Persönlichkeitspsycho-logie den Zugang zum eigenen Selbst nennt. Das Selbst ist dabei anders definiert als das bewusste Ich, weil es neben den bewussten Handlungen und Handlungszielen auch die für die Motivation im Schulalltag wichtigen unbewussten Empfindungen, Einstellungen und Gefühle abbildet. Die zentralen operationalisierten Variablen un-serer Untersuchung sind daher die sogenannten Selbststeuerungsfähigkeiten. Es sind die Kompetenzen zur Selbstkontrolle und Selbstregulation, die Fähigkeit lang-