Klimawandel im Klassenraum 347 gebung kann direkt (räumlich zielgerichtet) oder indirekt (eher suchend oder erspü-rend) sein, der Umgang mit der Kraft durch Leichtigkeit oder Anstrengung gekenn-zeichnet, das Verhältnis zur Zeit bei Tempoänderung der Bewegung beschleu-nigend oder verlangsamend sein.14 Eine zentrale Arbeitshypothese lautet: Individu-elle Merkmale persönlicher Bewegungsantriebe hinsichtlich Raum, Kraft und Zeit finden sich nicht nur in der Körperbewegung beim Tanzen sondern auch in der mo-tivationalen Einstellung gegenüber der Lösung kognitiver Aufgaben.Das Gleiche gilt für die in der Entwicklung kognitiver und motorisch reifer Lö-sungsstrategien immer zu findenden unreifen Formen von Bewegungsantrieben. Kinder achten als Anfänger in Lernprozessen bei noch unausgereiftem Bewegungs-antrieb (z. B. beim Erlernen eines Tanzes, einer Sportart oder eines Musikinstrumen-tes, auch etwa beim Erlesen und -schreiben) mehr auf ihre körperliche Anstrengung und muskuläre Anspannung als auf den effektiven Umgang mit Raum, Zeit und Kraft. Der Weg zur effektiven Lösung einer gegebenen oder selbst gestellten Aufga-be führt durch die Überwindung der Aufmerksamkeit auf die Anstrengung hin-durch zum bewussten, kontrollierten und souveränen Umgang mit Raum, Zeit, Kraft und Fluss in der Bewegung. Wer sich beständig angestrengt und bemüht, sein Ziel zu erreichen, nimmt sich die Möglichkeit, durch Versuch, Irrtum und Übung einen dem Lernstand angemessenen und effektiven Lösungsweg zu finden. Die noch unsichere Bewegung wird in der Regel größer, mit mehr Kraft und kontrollier-ter als nötig ausgeführt. Manchmal ist sie bei unreifem Bewegungsantrieb ohne äu-ßere Hilfe noch nicht möglich.Die äußere Form des Körpers wird neben der muskulären Spannung auch von der Körperhaltung bestimmt. Sie kann bei organisch fließenden Übergängen wäh-rend der Bewegung wachsen oder schrumpfen wie beim Ein- und Ausatmen.15 Das Wachsen des Körpers löst tendenziell angenehme, das Kleinerwerden unangeneh-me Gefühle aus. Wachsen und Schrumpfen kommen in allen drei Raumdimensio-nen vor. Ein spontanes Lächeln ist eine Art Wachsen des Gesichts. Das von Zorn oder Ärger erfüllte Gesicht schrumpft gleichsam. Ein ausgewogenes Verhältnis ist auch hier wünschenswert. Kinder sollen nicht nur angenehme Gefühle zeigen, son-dern zum Beispiel auch Misstrauen oder Verärgerung zum Ausdruck bringen kön-nen. Der kindliche Wunsch, sich einer Person zu öffnen oder sich von ihr zurückzu-ziehen sind gleichermaßen berechtigt und wichtig. Wachsen und Schrumpfen des Körpers richten sich dann auf die Person zu oder von ihr fort. Kleinere Kinder wei -sen mit Arm und Hand in die Richtung ihrer Aufmerksamkeit. Die interkulturellen Unterschiede sind dabei beachtlich. Dennoch bleibt ein kulturen-übergreifender Be-stand von Bewegungsformen bei jedem Kind erkennbar. Verschiedene Personen un-terscheiden sich in ihrer gewohnten Körperhaltung und bei deren Veränderung deutlich voneinander. Das betrifft auch die verschiedenen Entwicklungsstufen im Kindes- und Jugendalter. Die Veränderungen von der Kindheit über die Jugend bis zum reifen Erwachsenen gehen von der körpernäheren über die mittlere zur weiten, 14 Vgl. Kestenberg Amighi u. a.: The Meaning of Movement, S. 16 (s. Anm. 11).15 Vgl. ebd., S. 17 (s. Anm. 11).