348 Bernhard Müßgens raumfüllenden Kinesphäre. Ein Dirigent, der Arme und Hände beständig körper-nah bewegt, erreicht weder seine Musiker noch das Publikum. Dennoch gibt es schon bei Kindern innerhalb des noch engen Körperbewegungsraumes bereits Li-nien, Schleifen und eckige Bewegungen mit verschiedenen Raumrichtungen wie beim Dirigieren.Meine Ausführungen gingen von konkreten Situationen aus Tanzprojekten mit Kindern und Studierenden im Schulalltag aus und führten schrittweise zu komple-xeren Aspekten der Bewegungsbeobachtung beim Tanzen und zur Bewegungs-analyse. Dabei sollte deutlich werden, dass menschliche Bewegung im Alltag so-wohl beim Tanzen wie auch bei funktionalen Bewegungen von hoher Komplexität sein kann. Der knapp skizzierte Forschungsansatz ist lohnend und wird bedeutsam werden für die Lern- und Entwicklungsdiagnostik im Schulalltag, weil bereits be-stehende sprachgebundene Diagnoseinstrumente zwar zur Zeit noch differenzier-ter, aber schon jetzt in erkennbar weit höherem Maße fehleranfällig sind als Diagno-severfahren, die auf systematischer Bewegungsbeobachtung basieren. Kinder erster und zweiter Klassen können sich bei schriftlichen Befragungen oft noch nicht diffe-renziert genug äußern, Kinder dritter und vierter Grundschulklassen erkennen un-ter Umständen rasch und genau, welche Antworten erwünscht sind. So ist schon die Standardisierung sprachgebundener Tests in einem Umfang fehleranfällig, der noch nicht ansatzweise erforscht ist. Körperbewegung zur Musik als Interaktion inner-halb der Klassengemeinschaft und mit jungen Erwachsenen ist dagegen eine natür-liche Sprache der Kinder, die alle an unseren bisherigen Projekten beteiligten Schü-lerinnen und Schüler sicher beherrschen und mit der sie sich spontan, freudig und authentisch auszudrücken wissen.