352 Jürgen Oberschmidt Conrad Paumann: » Redeuntes in mi « aus dem » Buxheimer Orgelbuch « Auch das » Buxheimer Orgelbuch « enthält für diesen Zweck spezielle, » Redeuntes « genannte Kompositionen für Orgel und mitläutende Glocke. Bei jeder klanglichen Realisation bildet sich der Glockenton in seiner eigenen Zeitlichkeit aus. Schon al -lein durch den Vorgang des Einschwingens und Ausläutens bedingt, lässt er sich nicht in ein starres metrisches Schema pressen:6 » Das An- und Abschwellen des Klanges im sehr dynamisch wirkenden Klangspektrum der Glocke verbindet sich mit dem gleichbleibenden Grundton und der rhythmisch gegliederten Figuration in der Orgelkomposition in überraschender Weise. Für den Hörer entsteht im Raum der Eindruck, gleichzeitig vom Klang eingehüllt und durchdrungen zu sein.« 7 Auf diese Weise lassen sich die orgelpunktartigen Haltetöne im Bass als ein Teilmoment einer speziellen liturgischen Situation fassen, dessen Widerspiel mit der real erklin-genden Glocke sich jenseits der notierten Gestalt abspielt.Conrad Paumann: » Redeuntes in mi « aus dem » Buxheimer Orgelbuch « Das » Redeuntes in mi « von Conrad Paumann findet sich in verschiedenen Einspie-lungen vor, aus denen zwei herausgegriffen werden sollen. Die Aufnahme von Ha-rald Vogel an der Arp-Schnitger-Orgel in Rysum – hier ergibt sich die Übereinstim-mung der Tonhöhe mit der modernen Glocke zufällig – und die des Mailänder Or-6 Das unterscheidet das westeuropäische Glockengeläut von den Carilloneuren der russisch-orthodo-xen Kirche: Dort sind die Glocken starr befestigt – ähnlich den Glocken eines Glockenspiels – und werden mittels Seilzügen von beweglichen Klöppeln angeschlagen, was eine äußerst differenzierte Klanggebung und ein rhythmisch-kunstvolles Zusammenspiel der Einzelglocken ermöglicht (vgl. El-mar Arro: Die altrussische Glockenmusik. Eine musikslawistische Untersuchung, in: Musica slavica. Beiträge zur Musikgeschichte Osteuropas, hrsg. von ders., Wiesbaden 1977, S. 77–159).7 Harald Vogel: Die Orgellandschaft Ostfriesland (= Einführungstext zur CD » Orgeln in Ostfriesland II « . Organeum OC–09602), S. 4–7, hier S. 5.