364 Irena Poniatowska Hiller, Schumann sowie eigene Werke. Frederick Niecks wiederum hob hervor, dass kein anderer Schüler Chopins erwähnt habe, dass er Mozart und dessen Werke als Klavierliteratur empfohlen hätte.2 Wie auch immer – Chopin kannte nicht nur die Opern Mozarts, so u. a. die Musik zu » Don Giovanni « , die ihn faszinierte und deren Fragmente er oftmals zusammen mit Pauline Viardot in Nohant interpretierte, son-dern auch dessen Instrumentalwerke, die ihm ein Vorbild, ein Ideal waren. Am meisten bewunderte er das » Requiem « . In einem Gespräch mit Delacroix am 21. Fe-bruar 1847 sagte Chopin, dass Mozart keiner Erfahrung bedurft habe [um vollkom-mene Werke zu schaffen], sein Wissen und seine Inspiration hätten vom Niveau her auf gleicher Stufe gestanden. In einem anderen Gespräch mit dem Maler (7. April 1848) auf den Champs Elysées stellte er fest, dass in der Musik die Harmonik und der Kontrapunkt die Logik seien, Beethoven missachte die unsterblichen Regeln, Mozart jedoch nie.3 Ludwik Bronarski erinnert, wenn er über die Reminiszenzen in Chopins Schaffen schrieb, an die Arbeit » Promenades avec Mozart « von Henry Ghéon aus dem Jahre 1932, der einige Zitate vom Mozart bei Chopin beobachtet hatte, aber er zeigt sie nicht an. Bronarski gibt nur ein Beispiel: Den Anfang des The-mas der Polonaise g-Moll Chopins aus dem Jahre 1817 als ein Echo des Anfangs von Mozarts Phantasie c-Moll (KV 396).4 Karol Szymanowski schrieb:Der musikalische ›Futurist‹ der Romantik […] der fast mit Schrecken auf Hec-tor Berlioz schaute, welcher mit romantischem Furor an das Bronzetor der ho-hen Kunst donnerte und immer neue genialische Monster schuf, Chopin eben holte den Geist des anmutig lächelnden ›Cherubins‹ der Musik aus der Ver-gangenheit hervor und wies ihm einen Platz in unmittelbarer Nähe seines Herzens. Es scheint fast, dass sich zwischen ihnen beiden eine geheimnisvolle Verständigung darüber angebahnt hat, was das Wesen der Musik ausmacht!2 So berichtet Franz Zagiba in: Chopin als Mozartverehrer, in: Chopin Jahrbuch der Internationalen Chopin Gesellschaft in Wien 1956; Reprint in: Wiener Chopin-Blätter, Zeitschrift der Internationalen Chopingesellschaft in Wien, August-September 1991, S. IV. Jean-Jacques Eigeldinger (Chopin vu par ses élèves, 3. Aufl. Neuchâtel 1988, S. 202, Fussnote 142) erinnert darüber hinaus an die Aussagen von Karol Mikuli und Frederick Niecks. Ernest Legouvé aber zitiert (Soixante ans de souvenirs, Band 1–2, Paris 1886–1887, Band 1, S. 375), dass Chopin wiederholte: » Heute kann nur ein Mensch Mozart spielen; es ist [Camille] Pleyel und wenn er mit mir eine Sonate vierhändig spielen will, habe ich eine Lektion « . In der polnischen Übersetzung des Buches von Eigeldinger durch Zbigniew Skowron (Chopin w oczach swoich uczniów, Kraków 2000, S. 179, Fussnote 159) erwähnt er, dass man Marcelina Czartoryska, die Schülerin Nummer 1 von Chopin, für ihre Interpretationen von Mo-zarts Werken bewunderte (nach den Quellen der Pariser Presse, des Journals von Delacroix und der deutschen Ausgabe von Wilhelm Lenz: Beethoven. Eine Kunststudie, Band 1–2, Kassel 1855, Band 3–5, Hamburg 1860.3 Eugène Delacroix: Dzienniki [Tagebücher] 1822–1863 (Band 1–2), część pierwsza [erster Teil] 1822–1853, übersetzt von J. Guze, J. Hartwig, Wrocław, Warszawa, Kraków 1968, S. 173f. und 117. 4 Ludwik Bronarski: Szkice chopinowskie. Essais sur Chopin, Warszawa 2005, S. 116.