Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?Friederike Ramm Indessen läßt sich nur schwer vorstellen, Mozart habe, unbeschadet besonderer Umstände, ein großes Werk zu Ende gebracht ohne Rechen-schaft darüber, welche Intention sich nicht erfüllte, wie ein weiteres gleichartiges Werk aussehen, inwiefern es ans eben Fertiggestellte anschließen könnte etc.1 Dass Mozarts Streichquintette der Jahre 1787 und 1790/91 (kontrastierende) Paare bilden, scheint außer Frage zu stehen. Die Rede ist von » Quintettpaaren « ,2 » Schwes-terwerken « 3 bis hin zu » Zwillingen « .4 Und in der Tat liegen bei dem ersten Paar, den Streichquintetten in C und g, die Entstehungszeiten so nahe beieinander, dass Alec Hyatt King, der sich schon 1941 in einem Aufsatz mit » Creative Contrast in Mozart « 5 befasst hatte, einen gleichzeitigen Entstehungsprozess für wahrscheinlich hält:The closeness of the dates when Mozart entered them in his own catalogue – April 19 and May 16, 1787 – implies that they were the product of two mental processes that partly overlapped, although the results were so profoundly different in temper.6 Der gegensätzliche Stimmungsgehalt der beiden Werke dominierte denn auch die Werkbeschreibungen in der frühen Forschungsliteratur. Otto Jahn kennzeichnet den Beginn des C-Dur-Quintetts als » eigenthümliche Mischung von kräftiger Entschlos-senheit und sinniger Empfindung « , während das » ganz anders « beginnende g-Moll-Quintett in seiner schmerzlichen Leidenschaft ein geradezu » pathologisches 1 Peter Gülke: » Triumph der neuen Tonkunst « . Mozarts späte Sinfonien und ihr Umfeld, Kassel 1998, S. 13.2 Zum Beispiel bei Cleary: The D-Major String Quintet, S. 25 (s. Anm. 14); Wolff: à 1, 2, 3, 4, et 5 parties (s. Anm. 24), S. 13 (» Werkpaar « ).3 Zum Beispiel bei Rosen: Der klassische Stil, S. 315 (s. Anm. 10); Schwindt, in: Mozart Handbuch, S. 466 (s. Anm. 29); Seiffert, in: Kammermusikführer, S. 441 (s. Anm. 154). 4 Zum Beispiel bei Manfred Hermann Schmid: Einleitung zu: Mozart. Sämtliche Streichquintette, hrsg. von Ernst Hess und Ernst Fritz Schmid, Kassel 2001 (= Bärenreiter Urtext), S. XI. 5 A. Hyatt King: Creative Contrast in Mozart, in: The Monthly Musical Record 71 (1941).6 A. Hyatt King: Mozart’s String Quintets, in: The Monthly Musical Record 75 (1945), S. 126–132, hier S. 126f.