396 Friederike Ramm Interesse « erwecke.7 Auch Hermann Abert betont die einheitliche Stimmung der » schmerzlichsten Resignation « in diesem Werk im Kontrast zum » Widerstreit ent-gegengesetzter Kräfte und dessen Lösung « in KV 515.8 Während Jahn und Abert wohl die unterschiedlichen Charaktere benennen, die beiden Quintette jedoch noch nicht explizit zueinander in Beziehung setzen, spricht Alfred Einstein ausdrücklich von dem g-Moll-Quintett als dem » düstere[n] Gegenstück « zum Quintett in C-Dur, dessen Beginn er als » stolz und königlich und schicksalsvoll « charakterisiert.9 Ähn-lich formuliert es Charles Rosen, der der » chromatischen Bitterkeit und Eindring-lichkeit « die » beispiellose Majestät « des » Schwesterwerks « gegenüberstellt.10 Beim späteren Paar scheint der Sachverhalt nicht ganz so eindeutig, denn die Eintragungen in Mozarts » Verzeichnüß « liegen – immerhin – ein Vierteljahr ausein-ander (Dezember 1790 und 12. April 1791). Auch stößt der Stimmungsgehalt der beiden Werke weniger oft auf Interesse. Beim D-Dur-Quintett findet hier vor allem die langsame Einleitung Beachtung. So umreißt Abert die kontrastierenden Charak-tere der beiden Werke mit den Worten, dass das Larghetto des D-Dur-Quartetts » ganz die versonnenen, wehmütigen Züge des letzten Mozart « trage, während das Es-Dur-Quintett » in seinem Grundton weit heiterer und liebenswürdiger « sei.11 Und Jean und Brigitte Massin charakterisieren das Larghetto als » un peu angoissé « , wohingegen im Es-Dur-Quintett alles eine » activité optimiste « atme.12 In der Tat könnte schon der Beginn zweier Werke wohl kaum unterschiedlicher ausfallen als gerade bei diesen beiden: auf der einen Seite die introvertierte langsame Einleitung von KV 593 mit dem mysteriösen,13 fast zögernden Einsatz des Violoncellos, auf der anderen Seite, in KV 614, vom ersten Takt an Heiterkeit und ein Hauch von Jagdat-mosphäre, ausgelöst von dem forschen Hornmotiv in den beiden Bratschen. Wenn auch bei diesen beiden Quintetten der Bezug zueinander weniger oft the-matisiert wird, ist doch auch hier zuweilen die Rede vom » pair of quintets « ,14 ja so-gar auch von » Zwillingswerken « .15 Und anders als bei dem Quintettpaar aus dem 7 Otto Jahn: W. A. Mozart, Band 4, Leipzig 1859, S. 100. Jahn bespricht KV 515 und 614 gemeinsam, in-dem er die Bedeutung des jeweiligen Kopfmotivs für die Fortführung des ganzen Satzes hervorhebt. Während er diesen beiden Dur-Quintetten jedoch nur wenige Zeilen widmet, wird das g-Moll-Werk mit all seinen Sätzen als » treues Seelengemälde « , als Gang einer » psychologischen Entwickelung « (S. 103) ausführlich dargestellt. 8 Hermann Abert, W. A. Mozart: Neubearbeitete und erweiterte Ausgabe von Otto Jahns Mozart, Bd. 2, Leipzig 1921, S. 387.9 Alfred Einstein: Mozart. Sein Charakter – Sein Werk, Neue Ausgabe, Frankfurt am Main 1968, S. 208 und 207f. [Mozart. His Charakter and His Work, New York 1945, deutsche Originalausgabe Stockholm 1947].10 Charles Rosen: Der klassische Stil. Haydn, Mozart, Beethoven, München/Kassel 1983, S. 309 und 315 [engl.: Charles Rosen, The Classical Style. Haydn, Mozart, Beethoven, New York 1971].11 Abert: Mozart, Bd. 2, S. 720 und 722 (s. Anm. 8).12 Jean et Brigitte Massin: W. A. Mozart, [Paris] 1970, S. 1123 und 1129 [Erstausgabe Paris 1959].13 Georges de Saint-Foix über den Beginn des Larghettos: » ces mystérieuses énonciations du violon -celle « (W.-A. Mozart. Sa vie musicale et son oeuvre, Bd. 5, Paris 1946, S. 123).14 Nelson Theodore Cleary: The D-Major String Quintet (K. 593) of Wolfgang Amadeus Mozart: A Critical Study of Sources and Editions, Diss. Michigan State University 1973, S. 27.15 Schmid: Einleitung, S. XIII (s. Anm. 4).