Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?399 Codabildung, der ›Uneigentlichkeit‹ im Charakter oder der neuartigen Satztechnik), vermeidet er es doch, aus diesen Einzelbeobachtungen einen grundsätzlichen Ge-gensatz der beiden Quintette abzuleiten, und kann daher in seinem Resümee die Besonderheiten für beide zugleich fassen. Genannt werden u. a. der knappere Zu-schnitt, die Tendenz zur Ausbreitung der thematischen Arbeit auf den ganzen Satz, ein » gänzlich freies Schalten mit allen Mitteln des konzertanten Satzes, der thema-tischen Arbeit, des Kontrapunkts « .Gerade durch diese neue Freiheit des Satzes und durch ihren ›zusammenge-preßten‹ Reichtum sind sie aber auch schwierige Werke – kein Zufall, daß sie in der Praxis weit weniger beliebt sind als die expansiveren und in der Affekt -sprache weniger gebrochenen, deshalb unmittelbarer wirkenden Streichquin-tette in C-Dur (KV 515) und g-Moll (KV 516).28 Die nächste Auseinandersetzung mit Mozarts Streichquintetten findet sich vor al-lem im Rahmen einiger Handbücher, die zum Jubiläumsjahr 2006 auf den Markt ka-men.Nicht nur allgemein als » Werk-Gespann « , sondern explizit als » komplementäres Paar « werden die Quintette KV 515/516 im Handbuchartikel bei Nicole Schwindt bezeichnet und satzweise vergleichend vorgestellt. Als Verbindendes sieht sie die komplementären Tonarten C-Dur und g-Moll, die Orientierung der langsamen Sät-ze an Gattungstopoi, klangliche und melodisch-rhythmische Gemeinsamkeiten der jeweils an zweiter Stelle stehenden Menuette und vor allem das » allgegenwärtige Gefühl expandierender Weite und verlangsamter, wenn nicht aufgehobener Zeit « .29 Auch bei Schwindt wird das zweite Quintettpaar deutlich knapper abgehandelt als die beiden » innovativen Werke des Jahres 1787 « . Als Charakteristikum der beiden letzten Quintette nennt sie den wieder geringeren Umfang und eine schlankere Satztechnik, die Vorliebe für konzertantes Spiel und solistische Brillanz sowie die kontrapunktischen Techniken in den Schlusssätzen.30 Zwar werden auch hier die Sätze zum Teil paarweise vorgestellt (die langsamen und die Schlusssätze), aber die Idee eines » komplementären Paars « wird nicht mehr verfolgt.In der » Cambridge Mozart Encyclopedia « widmet Cliff Eisen den Quintetten in C und g je einen eigenen Absatz. Der einzige direkte Bezug aufeinander findet sich in der Bemerkung, dass KV 516 » unlike the C major, is a study in concision and mo-tivic integration […]« .31 Die beiden späten Quintette hingegen werden, wie auch schon im » Cambridge Companion to Mozart « von 2003,32 gemeinsam vorgestellt.28 Finscher: Bemerkungen zu den späten Streichquintetten, S. 162 (s. Anm. 27).29 Nicole Schwindt: Die Kammermusik, in: Mozart Handbuch, hrsg. von Silke Leopold unter Mitarbeit von Jutta Schmoll-Barthel und Sara Jeffe, Kassel 2005, S. 384–480, hier S. 465 und 466.30 Ebd., S. 467f.31 Cliff Eisen: Chamber music, in: The Cambridge Mozart Encyclopedia, hrsg. von Cliff Eisen und Simon P. Keefe, Cambridge 2006, S. 74–77, hier S. 76.32 Cliff Eisen: Mozart’s chamber music, in: The Cambridge Companion to Mozart, hrsg. von Simon P. Keefe, Cambridge 2003, S. 105–117.