406 Friederike Ramm –ein » echter Zyklus « ,61 der in einem Zug niedergeschrieben wurde, mit einem elabo-rierten System der Tempobezeichnungen, Taktarten, der Relation Haupttonart / Ton-art des Mittelsatzes, der sich zugleich als Folge von drei Werkpaaren verstehen lässt (1775: sechs Klaviersonaten KV 279–284)Ausgehend von den gesammelten Kriterien wird nun zunächst gezeigt, was die bei-den Quintette KV 593 und 614 verbindet und von ihren unmittelbaren Vorgängern in dieser Gattung, KV 515 und 516, abgrenzt. Im Folgenden wird dann, anhand von Gegenüberstellung einzelner Sätze bzw. Formteile, der Kontrast innerhalb des Paa-res herausgearbeitet. Da die Rezeption hierbei ein Teil des Kriterienkatalogs ist (s. o.), wird der Dokumentation der Forschungsliteratur bewusst Raum gegeben. Dagegen werden Bemerkungen zur bereits ausgiebig diskutierten Quintettsatztech-nik nur vereinzelt wiedergegeben.Paarweise Zugehörigkeit Entstehung und Veröffentlichung Die spärlichen Daten, die wir zu Entstehung und Veröffentlichung der Quintette be-sitzen, sind für die Frage der Paarhaftigkeit wenig erhellend. Von Mozart selbst ha-ben wir nur seine Datierung des Autographs von KV 516 (als einziges der vier Quintette) sowie die Eintragungen in sein » Verzeichnüß « : 19. April und 16. Mai 1787 für KV 515/516 und Dezember 1790 bzw. 12. April 1791 für KV 593/614.62 Während also bei dem ersten Paar eine unmittelbar aufeinander folgende Nieder-schrift angenommen werden kann oder sogar eine parallele Konzeption möglich er-scheint, liegen bei dem zweiten Paar nicht nur drei bis vier Monate dazwischen, sondern auch etliche Kompositionen, u. a. die Vollendung des Klavierkonzerts in B-Dur KV 595 und der Arie KV 612 sowie zwei Werke für mechanische Orgel, drei Lieder und zahlreiche Tänze. Und im Gegensatz zu dem früheren Paar, das aufgrund der mehrfachen Sub-skriptionsaufrufe Mozarts 63 (zus. mit KV 406/516b) immerhin eine » autorisierte Ein-61 Hingewiesen sei auf Finschers Feinabstimmung bezüglich der Vollkommenheit der Zyklusbildung bzw. der Intensität der jeweiligen Paargegensätzlichkeit: » extremes « bzw. » radikales Kontrastpaar « (S. 73/74), » gesteigertes Gegenstück « (S. 79), » in zwei kontrastierenden und komplementären Sätzen « (S. 81), » komplementäres Werkpaar « (S. 81), » kontrastierende Werkpaare « (S. 88), » echter [bzw. » komponierter « ] Zyklus « (S. 83f.). – Es fällt auf, dass in neueren Publikationen der Begriff » kontrastie-rend « durch » komplementär « abgelöst worden zu sein scheint. Ist hier gemeint, dass die beiden Wer -ke erst gemeinsam ein Ganzes ergeben? » Komplementär « scheint bei Werkpaaren wohl eher da an-gebracht, wo es um die Lösung eines Kompositionsproblems, die Erarbeitung einer Form oder auch die Wahl von Ton-/Taktarten etc. geht, nicht aber in Bezug auf die Werke selbst. Interessant in diesem Zusammenhang auch Schwindts Spezifizierung des Quintettpaars KV 515/516: » das eben kein imper-fektes Dreieropus, sondern ein dupliziertes Einzelwerk ist « (Mozart Handbuch, S. 465; s. Anm. 29).62 Wolfgang Amadeus Mozart: Eigenhändiges Werkverzeichnis (= NMA X/33, 1), Kassel 1991, S. 53–55 bzw. im Faksimile f. 24v–26v.63 » Drey neue Quintetten a 2 Violini, 2 Viole, e Violoncello, welche ich, schön und korrekt geschrieben,