Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?413 meinen Konnotation von Es-Dur als Bläsertonart möglich machen, scheint die Dur-tonart von KV 593 dem Charakter des Werks so sehr entgegenzustehen, dass mög-licherweise hier der Grund für einen bezeichnenden Verschreiber auf dem Um-schlag des Autographs zu suchen ist:Aufschrift mit schwarzer Tinte auf dem vorderen Außendeckel oben Mitte vermutlich von Johann Andreas Stumpff: A Quintetto in D minor. [minor ge-strichen, darüber von derselben Hand: major] […] auf dem Vorderdeckel auf-geklebtes dunkelrotes Leder-Etikett mit Goldprägung in doppeltem goldenen Rahmen: QUINTETT / IN D MINOR [MINOR mit einem Papierstreifen (von Stumpff?) überklebt, darauf Tinten-Aufschrift: Major].103 Eine mögliche Konzeption der vier Quintette als zwei Werkpaare müsste sich au-ßerdem anhand der Tonarten, Taktarten und Tempobezeichnungen der Einzelsätze nachweisen lassen. Zu erwarten wäre, dass sie jeweils paarweise aufeinander bezo-gen sind. Tatsächlich zeigt sich, dass je Paar – und zwar bis auf eine Ausnahme je-des Mal in beiden Paaren entsprechend – entweder verschiedene Taktarten etc. ge-geneinander gesetzt werden oder dass umgekehrt gerade Gleiches die beiden Wer -ke verbindet und gegen das andere Paar abgrenzt.I II III IV KV 515 Allegro C-Dur C Menuetto Allegretto Trio C-Dur F-Dur Andante F-Dur 3/4 Allegro 2/4 KV 516 Allegro g-Moll C Menuetto Allegretto Trio g-Moll G-Dur Adagio ma non troppo Es-Dur C Adagio (g)Allegro (G)3/4 6/8 KV 593 Larghetto D-Dur 3/4 Adagio G-Dur 3/4 Menuetto Allegretto Trio D-Dur D-Dur Allegro 6/8 Allegro Larghetto Primo Tempo ¢ 3/4 ¢ KV 614 Allegro di molto Es-Dur 6/8 Andante B-Dur ¢ Menuetto Allegretto Trio Es-Dur Es-Dur Allegro 2/4 Ganz konsequent wird in den langsamen Sätzen je Verschiedenes gegenübergestellt: je ein Andante und ein Adagio, je eine gerade und eine ungerade Taktart, je einmal die konventionelle Subdominante und einmal eine seltener verwandte Tonart.104 103 Schmid: Kritische Berichte, S. 72f. (s. Anm. 67).104 Bei den letzten zehn Streichquartetten steht in nur zwei von neun Durquartetten der langsame Satz in der Dominante. – Rosen hat darauf hingewiesen, dass in Mozarts Mollwerken der langsame Satz nur » sofern er ausdrucksmäßig sehr vielschichtig ist, in der Dur-Untermediante zu stehen pflegt […], während einfachere langsame Sätze in der weniger entfernten parallelen Durtonart stehen « (Der klassische Stil, S. 317; s. Anm. 10). Zur Tonartenwahl in langsamen Sätzen allgemein vgl. auch James Hepokoski / Warren Darcy: Elements of Sonata Theory, Oxford 2006, S. 323–329 (zum Trio s. S. 332).