414 Friederike Ramm Ebenso wird in den Schlusssätzen variiert: In jedem Paar steht je ein Finale im 2/4- und 6/8-Takt.105 Nur die Kopfsätze passen nicht in dieses Schema. Hier stehen den gleichen Taktarten in KV 515 und 516 die ungleichen Taktarten in KV 593 und 614 gegenüber.106 Besonders deutlich zeigt sich die paarweise Zugehörigkeit in Satzfolge und Trio-tonart. Im früheren Paar nämlich steht das Menuett an zweiter Stelle – vorausge-setzt, die Satzfolge von KV 515 mit dem Menuett an zweiter Stelle, wie sie im Erst-druck erschienen ist, entsprach dem Willen Mozarts –,107 und die Tonart des Trios weicht von der des Menuetts ab. Im späteren Paar dagegen ist es genau umgekehrt: Menuett an dritter Stelle und gleiche Tonart in Menuett und Trio.Was die Stellung des Menuetts betrifft, so waren bekanntermaßen bei Mozart beide Möglichkeiten üblich. In den Haydn-Quartetten, die dem ersten Quintettpaar vorausgehen, steht das Menuett in regelmäßigem Wechsel an zweiter oder dritter Stelle, in KV 499 wie im ersten Quintettpaar an zweiter Stelle. In den Preußischen Quartetten dagegen finden wir es genau wie in den letzten Streichquintetten aus-schließlich an dritter Stelle. Was die Tonart des Trios betrifft, so zeigt ein Vergleich mit den letzten zehn Streichquartetten, dass Mozart weit häufiger im Trio von der Grundtonart abweicht, als dass er sie beibehält. Wenn also Mozart sowohl in KV 593 als auch in KV 614 diese für ihn ungewöhnlichere Möglichkeit gewählt hat, könnte dies für eine Zusammengehörigkeit der beiden Werke sprechen.Auch im formalen Aufbau der langsamen Sätze und Finali lässt sich eine paar -weise Zugehörigkeit feststellen. Es fällt auf, dass in den beiden früheren Quintetten diese Sätze durchweg als durchführungslose Sonatensätze 108 konzipiert sind – in den Finali mit Rondoelementen angereichert –, dagegen in den späteren Quintetten gerade die Durchführungen bzw. durchführungsartig gestaltete Couplets eine zen-trale Rolle spielen.109 Besonders deutlich zeigt sich das in den Finali: Weder KV 515 105 Vgl. hierzu jedoch Schmids Hinweis, dass es sich beim Finale KV 516 nach historischem Verständnis um einen » zusammengesetzten Takt « aus jeweils zwei 3/8-Einheiten handelt (Einleitung, XVIII; s. Anm. 4).106 Wenn man allerdings die langsame Einleitung mit einbezieht, die immerhin einen nicht unerheb -lichen Teil des Kopfsatzes ausmacht, ließe sich auch hier eine Verbindung zur Taktart des Kopfsatzes im Schwesterwerk sehen … Im Übrigen findet sich die Verwendung eines 6/8-Taktes in einem Kopf -satz nur zweimal innerhalb der späten Streicherkammermusik und bildet insofern ohnehin einen Sonderfall (vgl. Schmidt: » Vom Streichquintett zum Streichquartett « ?, S. 3f.; s. Anm. 20).107 Vgl. Schmid: Kritische Berichte, S. 25 (s. Anm. 67), sowie Ernst Herttrich: Eine neue, wichtige Quelle zu Mozarts Streichquintetten KV 515 und 516, in: Im Dienst der Quellen zur Musik. Festschrift für Gertraut Haberkamp, hrsg. von Paul Mai, Tutzing 2002, S. 435–445 und Isabelle Emerson: A Question of Order: Andante, Minuet, Or Minuet, Andante – Mozart’s String Quintet in C major, K. 515, in: Mo-zart-Jahrbuch 1989/90, Kassel 1990, S. 89–98; dagegen finden sich bei Schmid (Einleitung, S. XVf.;s. Anm. 4) musikalische Erwägungen für das Menuett an dritter Stelle.108 Bzw. im Fall der langsamen Sätze ohne Wiederholungszeichen als » zweiteilige Adagioform « (Erwin Ratz); Rosens Nennung der Kavatine als formales Vorbild für die » slow-movement form « (vgl. Tho-mas Schmidt-Beste: Die Sonate. Geschichte – Formen – Ästhetik, Kassel 2006, S. 101f.) liegt hier inso-fern besonders nahe, als für beide Sätze (KV 515/516) Gattungstopoi aus der Vokalmusik gefunden wurden, so bei Schwindt: Liebesduett vs. Monologszene (Mozart Handbuch, S. 465f.; s. Anm. 29) und thematisch ähnlich auch schon bei Einstein: » Dialog zwischen den Liebenden « , » Gebet eines Einsa -men « (Mozart, S. 208 und 209; s. Anm. 9). 109 Vgl. Abert: die » hochbedeutende Durchführung « im Adagio (Mozart, Bd. 2, S. 721; s. Anm. 8).