Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?415 noch KV 516 haben eine Durchführung zwischen Exposition und Reprise, dafür aber einen durchführungsartigen Einschub – in KV 516 mit ›neuem Thema‹/Couplet auf der Subdominante – zwischen erstem und zweitem Themenkomplex in der Reprise, eben dem Ort, an dem im Sonatenrondo häufig die Durchführung stattfindet.110 Ganz anders die Finali von KV 593 und KV 614: Nicht allein, dass beide Sätze eine ›richti-ge‹ Durchführung haben, sondern diese wird auch noch besonders aufgewertet, in-dem sie in beiden Quintetten der Ort kunstvoller kontrapunktischer Arbeit wird.Schließlich ist als weiteres die beiden Paare abgrenzendes Merkmal der unter-schiedliche Umfang insbesondere der Ecksätze zu nennen. Hier steht den vielzitier-ten weitläufigen Proportionen der beiden früheren Quintette die komprimierte An-lage der beiden späteren gegenüber. Die Länge der Einzelsätze, auch in Bezug auf die im zeitlichen Umfeld entstandenen Streichquartette hat Schmidt-Beste in einer Tabelle zusammengestellt. Allerdings werden die für KV 515/516 genannten » enor-men Dimensionen « 111 nur für das C-Dur-Quintett offensichtlich, denn die Ecksätze des Quintetts in g umfassen kaum mehr als die des letzten Paars. Trotzdem lässt sich das » Gefühl expandierender Weite « 112 auch für KV 516 numerisch nachweisen. Der größere Umfang wird jedoch erst deutlich, wenn man jeweils die Expositionen (bzw. beim Sonatenrondo den Refrain und erstes Couplet umfassenden Abschnitt) einander gegenüberstellt und – insbesondere bei den Finali und den langsamen Sät-zen – nicht die Länge von vollständigen Sonaten(rondo)sätzen mit durchführungs-losen Satzformen vergleicht:* Kopfsätze Gesamt Exposition Durchführung Repriseneinschub*Coda KV 515 (C)368 151 53 32 –KV 516 (C)254 94 38 (- 6) + 12 23 KV 593 (3/4, ¢)(21+)211+(20+8)80 43 –20 + 8 KV 614 (6/8)232 86 38 –18 Langsame Sätze Gesamt Exposition Durchführung Repriseneinschub Coda KV 515 (3/4)128 56 ––11 KV 516 (C)82 37 –2 7 KV 593 (3/4)104 35 21 5 11 KV 614 (¢)116 36 + 16 (Wdh. Refr.)36 (» Mittelcouplet « u. Rückleitung)–12 110 Vgl. Rosen: Der klassische Stil, S. 311 (s. Anm. 10). Dagegen sieht Rudolf Bockholdt in KV 515 trotz der durchführungsartigen Züge eher ein zweites Couplet (Der Schlußsatz von Mozarts Streichquin-tett in C-Dur, KV 515, in: Mozarts Streichquintette, hrsg. v. Eisen/Seiffert, Stuttgart 1994, S. 103–126, hier S. 105). – Hepokoski/Darcy grenzen diese typisch Mozartsche Sonatenrondoform mit durchfüh-rungs- bzw. coupletartigem Repriseneinschub ausdrücklich von Interpretationen als ABACB'A- (= ›un-vollständiger‹ ABACAB'A-)Form ab (Elements of Sonata Theory, S. 409–411; s. Anm. 104). 111 Schmidt-Beste: Vom Streichquartett im Streichquintett, S. 55 (s. Anm. 26); dort auch die tabell. Übersicht.112 Schwindt, in: Mozart Handbuch, S. 466 (s. Anm. 29).*Repriseneinschub/Coda sind hier der Vollständigkeit halber aufgeführt, auch als mögl. Pendant bzw. Ergänzung der Durchführung, wobei die jeweilige Taktanzahl nicht absolut verstanden soll, da diese Teile nicht immer eindeutig abgrenzbar sind (Kürzungen, sonstige Änderungen der Reprise).