424 Friederike Ramm An genau der entsprechenden Stelle im Finale – wieder kurz vor Ende der Reprise (T. 237) – wiederholt sich dieser Vorgang. Die Kadenz, bereits zweimal direkt vor dem schließenden D-Dur-Akkord abgebrochen (T. 224 und T. 231), wird auch beim dritten Mal nicht abgeschlossen, sondern ›trugschlüssig‹ nach B-Dur geführt. Die Wendung von A- nach B-Dur ist überraschend, doch – im Vergleich zum Adagio – durch den Einsatz des heiteren Themas (Quasi-Umkehrung des Hauptthemas) eher witzig als dramatisch.129 Notenbeispiel 7: KV 593, Finale Die verblüffende Harmoniefolge ist übrigens die gleiche wie schon beim ersten Auf-treten dieses Themas: Dort waren es die ebenfalls im Kleinsekundabstand stehen-den Tonarten H- und C-Dur gewesen (T. 104, siehe Notenbeispiel 14).Ausgehend von der Werkpaaridee läge es nahe, die auffallende Herausstellung der B-Tonarten im D-Dur-Quintett als subtile Verbindung zum Es-Dur-Quintett zu sehen. Da aber KV 614 erst nach KV 593 entstanden ist, bedürfte es einiger Spekula-tion, um dies glaubhaft zu machen. Allerdings könnten die Quintettfragmente in Es-Dur KV 613a (zwischen 1784 und 1788) und KV 613b (1786/87 oder 1790)130 dar-auf hindeuten, dass Mozart in der Tat das zweite Quintett schon im Hinterkopf hat -te. Eine andere Erklärungsmöglichkeit wäre, dass Mozart – ähnlich wie Matthias Walz dies für Beethovens 7. und 8. Symphonie, wo er es mit einem vergleichbaren ›chronologischen Widerhaken‹ zu tun hatte, annimmt 131 – den Reiz des in KV 593 besonders ausgekosteten neapolitanischen Halbtonverhältnisses auf die tonale Dis-position des ganzen Paars ausgedehnt hat. Somit hätten dann die scheinbar bezie-hungslosen Grundtonarten der Quintette in D und Es doch noch einen tieferen Sinn.129 Vgl. auch Abert: » die Fortsetzung [des Seitensatzes] wird erheblich verändert, vor allem dadurch, daß die Harmoniefolge B A 6 4 A # D nach Kräften ausgekostet wird « (Mozart, Bd. 2, S. 722; s. Anm. 8). Andeutung der Folge bereits in T. 231.130 Ulrich Konrad: Mozart-Werkverzeichnis, Kassel 2005, S. 188 und 192.131 » Wahrscheinlich ergab sich die F-Dur-Präsenz in der 7. Symphonie noch nicht im Blick auf eine ge-plante F-Dur-Symphonie, sondern ganz einfach aus dem Reiz der harmonischen Möglichkeiten der leiterfremden Mediantik […]. Dann erst wird die Terzverwandtschaft auf die tonale Disposition des ganzen Paars ausgedehnt und die zweite Hälfte (die 8. Symphonie) in F-Dur angelegt « (Walz: Kon-trastierende Werkpaare in Beethovens Symphonien, S. 291; s. Anm. 36).