Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?427 hören zu den » außergewöhnlichen Ereignissen in der Musik Mozarts, die den Ein-druck erwecken, als dringe der Komponist hier in verbotene Gefilde vor und über-schreite eine Grenze, jenseits der die tonale Gesetzgebung ihre Gültigkeit verloren hat « .139 Notenbeispiel 9: KV 614, Andante Die langsame Einleitung Nun wäre es als Vorgehensweise durchaus fragwürdig, die Expositionen der beiden Allegros miteinander zu vergleichen – und insbesondere Aussagen über die Einfüh-rung der Tonarten zu treffen –, ohne die langsame Einleitung von KV 593 zu be-rücksichtigen. Doch wird sich zeigen, dass die Merkmale, die im Allegro als typisch für dieses Werk erkannt wurden, auch schon das Larghetto bestimmen.140 In einer achttaktigen Periode wird die Grundtonart vorgestellt, doch findet sich auch hier schon – im Nachsatz – die frühe Hinwendung zur Subdominantparalle-le.141 Die folgende Modulation zur Dominante ist eine der erwähnten Harmoniever-schiebungen auf engem Raum, eingebettet in die beiden sich aufeinanderzubewe-genden Linien von Violoncello (aufsteigend) und erster Violine (chromatisch abstei-gend). Bereits hier, wenn auch noch ganz unauffällig in die chromatische Bewegung eingebunden, wird B-Dur erreicht; der eigentliche harmonische Reiz entsteht dann aber erst durch den folgenden verminderten Akkord auf gis (verkürzter Dominant-septnonakkord zur Dominante A-Dur). Rückblickend lässt sich dann B-Dur als ver-selbständigter Neapolitaner deuten, zumal sich im Bass mit der Tonfolge b–gis–a auch die charakteristische Umspielung des Grundtones findet. Das folgende Domi-nantfeld (mit Orgelpunkt) lässt in spannungsvoller Ruhe den Einsatz des Allegros erwarten, wobei sich in dem punktierten Rhythmus bereits ein Motiv andeutet, das weite Teile des folgenden Satzes bestimmen wird.139 Ebd., S. 39 und S. 37. 140 Auf den auch motivischen Bezug zwischen Larghetto und Allegro hat zuerst Keller hingewiesen: der diastematische und rhythmische Verlauf des Kopfsatzbeginns wird in Takt 2/3 des Larghettos vor -weggenommen, sogar inkl. der Verzierung auf dem zweiten Ton (Notenbeispiel bei Keller, in: The Mozart Companion, S. 133; s. Anm. 134). Vgl. dazu auch Rosen: Der klassische Stil, S. 321 (s. Anm. 10), und Finscher: Bemerkungen zu den späten Streichquintetten, S. 159 (s. Anm. 27).141 Hingewiesen sei auch auf die e-Moll-Ausweichung im Eingangsrefrain des Finales (T. 13ff.).