Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?437 In beiden Sätzen steht das » nicht-fugenmäßige « Hauptthema – in KV 593 ein Perpe-tuum-mobile-Thema, in KV 614 ein tänzerisches Thema, das zugleich auf Haydn anspielt 164 – in der rondotypischen dreiteiligen Liedform und wird im Folgenden in einem Satz verarbeitet, der – auch dies ist neu – in beiden Werken auf verschiedene Weise Rondo, Sonate und Fugato miteinander verbindet 165 (siehe Tabelle). KV 593 Rondo A B A' (›Umkeh-rung‹)C (abgeleitet von A’)A A B (B)C A’ (›Umkeh-rung‹)Sonate Exposition Hauptsatz Seitensatz Durchführung Reprise Hauptsatz Df-Einschub:integr. Coda Ende Seitensatz Repr.Fugato Fugato 1 Fugato 2 Fugato 3 Tonart I V VII und i Beginn IV, modulierend I erniedrigte II I Takt 1 55 101 133 171 197 215 237 267 KV 614 Rondo A A’A (verkürzt)A''A A’A Sonate Exposition Hauptsatz Seitensatz Durchführung Reprise Hauptsatz Seitensatz Coda Fugato Fugato 1 Fugato 2 Tonart I V I modulierend I Takt 1 53 87 103/112 182 236 270 KV 614 steht der Rondoform insofern näher, als der Refrain öfter unverändert und in der Grundtonart wiederkehrt. Es kann in seiner Form A B A Df. A B A – wobei aber, wie schon gesagt, das Couplet eine Variante des Refrains ist (vgl. S. 417) – als typisches Sonatenrondo bezeichnet werden. KV 593 dagegen ist trotz der rondo-artigen Aufteilung in mehrere zu wiederholende Teilabschnitte der Sonatenform 164 Dass sich dies ›umgekehrte Zitat‹ (aus Haydns Finale des Streichquartetts op. 64,6; Notenbeispiel bei Rosen: Der klassische Stil, S. 327, s. Anm. 10; vgl. dazu auch Finscher: Bemerkungen zu den späten Streichquintetten, S. 161, s. Anm. 27) gerade in einem Kontretanz-Umfeld findet, ist vielleicht kein Zufall, denn das Zitieren von Melodien (normalerweise Volksliedern, Tänzen, Märschen, Opern -melodien) kann fast » als […] Wesensmerkmal der Kontretänze gelten […] – ein Charakteristikum, das einem Komponisten wie Mozart, der gerne und oft mit Modellen gearbeitet hat, möglicherweise besonders entgegenkam und die fehlenden formalen Freiheiten [bei der Komposition von Tänzen] durchaus aufwog « (Monika Woitas: Tänze und Märsche, in: Mozart Handbuch, hrsg. von Silke Leo-pold unter Mitarbeit von Jutta Schmoll-Barthel und Sara Jeffe, Kassel 2005, S. 604–629, S. 623).165 Kirkendale: Fuge und Fugato, S. 214 (s. Anm. 162). Vgl. auch Jahn: » Bemerkenswerth ist es, daß in den Schlußsätzen die freieste, wesentlich erweiternde und fortbildende Behandlung der Form sich geltend macht « (Mozart, Bd. 4, S. 106; s. Anm. 7).