442 Friederike Ramm an sich schwer zu trennen, wie die Querbeziehungen zu den sie umgebenden Kam-mermusikwerken, insbesondere den Streichquartetten zeigen.177 Deutlich ist dagegen, dass Mozart sich insbesondere in den Ecksätzen auf ver-schiedene Weise mit Form- und Kompositionsproblemen auseinandersetzt: In den Eingangs- wie den Schlusssätzen ist dies die Gestaltung des monothematischen bzw. motivisch-thematisch ökonomischen Sonatensatzes, in den Finali dazu noch die Vereinigung von Fugato, Rondo und Sonate, wobei deren Durchführungen mit ihrer Gegenüberstellung von Homophonie und Polyphonie 178 ein für ein Finale be-sonderes Gewicht erhalten.Das unterschiedliche Herangehen an diese kompositorischen Herausforderun-gen liegt in der unterschiedlichen Stellung der beiden Werke zur Konvention be-gründet.179 Während in KV 593 die traditionellen Formen weitgehend verändert werden – zu nennen sei hier im Kopfsatz die ungewöhnliche Integration des Lar-ghettos, im Adagio der Beginn des Seitensatzes in der Molldominante und der stark modifizierte Sonatensatz (ohne ein wirkliches Sonatenrondo auszuprägen)180 im Fi-nale –, werden in KV 614 die Formen – zumindest dem äußeren Anschein nach – mustergültig verwirklicht: » ›textbook‹ plan for sonata form « 181 im ersten Satz, die Rondoform im Andante 182 und das Sonatenrondo im Finale, wobei die einzelnen Formteile allerdings durch die monothematische Durchdringung aller Sätze auf den ersten Blick oft nicht so leicht zu erkennen sind. Die Reprisen sind im horizontalen Verlauf – abgesehen von den üblichen Änderungen in den Modulationsabschnitten – weitgehend unverändert (darauf, dass trotzdem zuweilen kaum ein Takt dem an-dern gleicht,183 wird später noch zurückzukommen sein), thematische Arbeit, har-monische Besonderheiten und Fugatotechnik sind auf die Durchführungen oder 177 So erscheint KV 614 bei Thomas Schmidt-Beste gewissermaßen als Zielpunkt im Bereich der Satz-technik: » Es gelingt Mozart somit, die komplette Bandbreite des Quartett- und des Quintettsatzes in eine einzige Exposition zu packen: Texturwechsel-Dialog, Vielschichtigkeit, Polyphonie, konzertanter Oberstimmensatz, Außenstimmensatz « (Vom Streichquartett im Streichquintett, S. 54; s. Anm. 26). Vgl. auch die dort in einer Grafik dargelegten » Entwicklungslinien « zwischen Quartetten und Quin -tetten (S. 56).178 Joachim Brügge weist bei KV 593/IV auf die insofern parallele Anlage der Exposition und Durchfüh-rung hin: Hauptsatz und erstes (›neues‹) Thema der Durchführung polyphon, Seitensatz und zweites Thema der Durchführung (Fugato) polyphon (Intertextualität als Problem: zum Finale von Mozarts D-Dur-Quintett, KV 593, und » Jupitersymphonie « , KV 551 IV, in: Acta Musicologica 68 (1996), S. 1–11, hier S. 5).179 » In KV 614 hat es den Anschein, als sei die extreme Anspannung, die sich in KV 593 ja auf vielen Ebenen zeigt, einem entspannteren, aber gleichwohl originellen Umgang mit der Tradition gewi -chen « (Finscher: Bemerkungen zu den späten Streichquintetten, S. 158; s. Anm. 27).180 So auch Brügge: Intertextualität als Problem, S. 3 (s. Anm. 178); dort auch eine tabellarische Übersicht über den Formverlauf des Satzes (S. 4f.) und intertextuelle Bezüge zur Satzkonzeption von KV 551/IV.181 Ratner: Classic Music, S. 245 (s. Anm. 119).182 Trotz des von Thomas Ahrend (Variation der Variation; s. Anm. 122) gezeigten Zusammenspiels von Elementen der Variationen-, Rondo- und Sonatenform lässt sich als Grundkonzept mit A – B – A – C – A deutlich eine Rondoform erkennen (wobei B eine nahe und C eine entferntere Variante des Refrains ist). So auch Wagner/Schmidt: A1 – B(=A’) – A2 – C – A3 (Schock und Struktur in der Wiener Klassik, S. 41; s. Anm. 138).183 Vgl. Schwindt, in: Mozart Handbuch, S. 467 (s. Anm. 29).