Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?443 auch überleitende bzw. Coda-Abschnitte konzentriert. Die Reprisen von KV 593 da-gegen sind durch zahlreiche Veränderungen und überraschende Wendungen ge-prägt. In der syntaktischen Anlage steht eine prinzipielle Offenheit von KV 593 gegen eine prinzipielle Abgerundetheit von KV 614, die sich im Großen (Formteile) wie im Kleinen (Themengestaltung) zeigt und im harmonischen Verlauf ihre Entsprechun-gen findet.Ein weiteres Gegensatzpaar ist Oberfläche vs. Untergrund: Im schon auf den ers-ten Blick experimentell wirkenden D-Dur-Quintett sind alle harmonischen oder me-trischen Unregelmäßigkeiten nach außen gekehrt, mit Auswirkungen auf den wei-teren Verlauf der Sätze, die durch Brüche und Einschübe gekennzeichnet sind. Im Es-Dur-Werk dagegen spielen sich solche Irregularitäten unter der Oberfläche ab, ohne die » Gediegenheit des Stils « 184 und die freundliche Außenwirkung nachhaltig zu stören und werden daher eher als Varianten oder klangliche Reize empfunden. Dass sich » das scheinbar harmlose Äußere […] in Wahrheit als Komposition hinter-gründigster Art entpuppt « ,185 wurde von manchen Autoren offenbar übersehen, die das Es-Dur-Quintett für weniger bedeutend als die drei übrigen Quintette dieser Jahre gehalten haben.La plupart des commentateurs et des critiques ne voyais généralement en cette merveille de l’esprit qu’une oeuvre légère et agréable, mais que l’on ne pou-vais placer, dans l’estime et l’admiration des peuples de musiciens, au même rang que les grands quintettes de 1787 et 1790.186 Auf völlige Verständnislosigkeit stieß dieses Quintett bei Hans Keller:The tonic movements of K. 614 […] are a stylistic mystery and a textural fail -ure. It is uncomprehensible to me why Eric Blom considers this quintet » the most superb of all « , and ascribes to it » the highest sum-total of great invention plus great workmanship « .187 Keller vermutete daher, dass Mozart krank gewesen sei, als er dieses Werk schrieb.188 184 Abert: Mozart, Bd. 2, 722 (s. Anm. 8).185 So Seiffert über das Trio KV 614 (Kammermusikführer, S. 444f.; s. Anm. 154).186 Saint-Foix: Mozart, Bd. 5, S. 198f. (s. Anm. 13).187 Keller, in: The Mozart Companion, S. 132. » Most of the E flat Quintet sounds like a bad arrangement of a wind piece in mock-Haydn style « (S. 134; s. Anm. 134).188 Ebd., S. 134. Von diesem Verdikt ausgenommen ist allerdings der langsame Satz: » The extreme personal nature of the movement, as well as its original structure and immaculate texture, only in-crease the musical mystery that surrounds this Quintet. I am unable to find a solution « (S. 134).