446 Friederike Ramm nik angeht. Dafür demonstriert der reife Mozart seine Meisterschaft in subtilen satztechnischen Details, vor allem aber auf dem Gebiet der Instrumentation, die mit zahlreichen originellen Effekten aufwartet […].200 Man meint hier geradezu eine Beschreibung des Es-Dur-Quintetts zu lesen … Au-ßerdem sei noch einmal daran erinnert, dass ein Großteil der Themen dieses Werks tänzerischen Rhythmen und Strukturen nahestehen.Auf die Absicht, wie in den Tänzen unter Beibehaltung der formalen Vorgaben » stereotype « Wiederholungen zu vermeiden,201 lassen sich viele der beobachteten Details zurückführen, so die fortlaufenden subtilen Variierungen in Harmonik und Diastematik im Refrain des Andante,202 die raffinierte ›Registrierung‹ der Melodie im Trio und die unterschwelligen metrischen Verschiebungen,203 die zunehmend dichtere Textur in der Überleitung des Eingangssatzes, so dass sich » [a]us einer sim-plen Imitation des Themenkopfes mit Begleitung […] ein fünfschichtiger Satz höchs-ter motivischer Dichte « entwickelt, 204 die » funkelnde « Textur (» sparkle « )205 im letz-ten Refrain des Andante mit enggeführten Imitationen des dekorativen Begleitmo-tivs und vieles andere mehr. Wenn man unter diesem Aspekt die Form des Andante aus KV 614 noch einmal betrachtet, dann bräuchte auch der Variationensatz als Modell nicht mehr bemüht zu werden,206 denn dann erklären sich die Abwandlungen in den Refrainteilen aus dem Wunsch, jegliche wörtliche Wiederholung zu vermeiden, ähnlich wie sich das ja auch in den anderen Sätzen des Quintetts zeigt, zum Beispiel in der Reprise des Kopfsatzes. Und die Formteile auf fünfter bzw. vierter Stufe (T. 26 und T. 53), die für eine Variation zu weit von der Struktur des Themas abweichen und für ein Cou-plet dem Refrain zu ähnlich sind,207 erweisen sich – ganz ohne Überlagerung ver-schiedener Formmodelle – als thematisch abgeleitete Couplets, was wiederum auf die Tendenz zur Monothematik zurückzuführen ist, die ja ebenfalls das ganze Quintett prägt.208 Die Folie des Tanzes ist auch verantwortlich für die besondere Wirkung der her-ben Dissonanzen in diesem Satz, denn der » schockierende Eindruck dieser disso-nanten Momente tritt besonders angesichts der Leichtigkeit des gesamten Werkes 200 Ebd., S. 617.201 Vgl. ebd., S. 623.202 Vgl. im Andante T. 12/13 mit T. 48/49 und T. 100/101 (Ahrend: Variation der Variation, S. 66ff.; s. Anm. 122).203 Schmid: Musikalische Syntax in Menuetten Mozarts, S. 119–130 (s. Anm. 158).204 KV 614/I, T. 20 bis 30 (Schmidt-Beste: Vom Streichquartett im Streichquintett, S. 53; s. Anm. 26).205 KV 614/II, T. 89–103 (Ratner: Classic Music, S. 130; s. Anm. 119).206 Vgl. Ahrend: Variation der Variation (s. Anm. 122), S. 56–61 (dort auch ein Überblick über die For-schungsliteratur zu diesem Aspekt); Schwindt, in: Mozart Handbuch, S. 467 (s. Anm. 29); Eisen, in: The Cambridge Mozart Encyclopedia, S. 77 (s. Anm. 31).207 Vgl. Ahrend: Variation der Variation, S. 56 (s. Anm. 122).208 Dass darüber hinaus Elemente der Sonatenform zu finden sind und dass die hier im Vergleich zu den anderen Sätzen stärkere Variierung der wiederkehrenden Teile auch Momente des Variationensatzes erkennen lässt, soll dabei nicht in Abrede gestellt werden.