Mozarts Streichquintette KV 593 und KV 614: Ein kontrastierendes Werkpaar?447 hervor « .209 Auch sind die außergewöhnlichen Dissonanzen ihrerseits in die für die-ses Werk typischen konventionellen Akkordfortschreitungen eingebunden. Und wie schon an anderer Stelle beobachtet, geht auch diese Passage aus gleichsam un-terschwelligen Entwicklungen (hier: in den modulatorischen Abschnitten) hervor, mit einem » graduell steigenden Dissonanzgrad, gekoppelt an eine ebenfalls gradu-ell zunehmende Verdichtung der Textur « .210 Ratner betont die Einzigartigkeit des Es-Dur-Quintetts hinsichtlich seines besonderen Zusammenspiels von effektvollen Steigerungen und klarer Struktur: » Such structural clarity provides a background for tremendous effects of climax, greater than in any other chamber work of Mo-zart « .211 Doch während die komplexe Faktur unter der brillanten Oberfläche manchem Hörer entgehen mag und sich das Stück so für » Kenner « wie » Nichtkenner « als ge-eignet erweist: For the casual listener, the verve and clarity of this movement are a sheer delight, the quintessence of the 18th-century galant style. For the connoisseur, this movement is an ultimate refinement of 18th-century chamber music com-position with its kaleidoskopic play of texture, spun-out periods, and deft manipulations of figures.212 können die Musiker sich keiner einzigen Note entziehen, sondern sind gezwungen, sich mit dem ›zusammengepressten Reichtum‹ (Rosen) dieses Quintetts interpreta-torisch auseinanderzusetzen, weshalb es in der Praxis weniger beliebt ist als die frü-heren, expansiveren Werke:Einige Musiker fühlen sich nicht recht wohl mit diesem Stück, das in den Eck-sätzen die dynamischen Qualitäten kleinster Motive auf haydnmäßig detail -lierte Weise verarbeitet und gleichzeitig die für Mozart typischen klangvollen und differenzierten Innenstimmen besitzt.213 209 Wagner/Schmidt: Schock und Struktur in der Wiener Klassik, S. 40 (s. Anm. 138). » Mit Adorno könn-te man sagen, daß diese exzentrischen Akkorde den ästhetischen Schein durchbrechen, d. h. sie las-sen die Illusion einer organischen Vermittlung von allgemeinem Gesetz und Individuum zerplatzen « (ebd., S. 44). Dies erscheine bei Mozart als besonders auffallend, weil die » organische Kohärenz gera-de seiner Werke nicht Frage gestellt wird « (ebd., S. 45). – Ob man jedoch diese ›Cluster in weiter Lage‹ hörend tatsächlich als so schockierend empfindet, mag dahingestellt bleiben (» Ich sehe was, was du nicht hörst « ?).210 Ebd., S. 41.211 Ratner: Classic Music, S. 245 (s. Anm. 119).212 Ebd., S. 245.213 Rosen: Der klassische Stil, S. 327 (s. Anm. 10). Vgl. auch Schmid: Einleitung, S. X (s. Anm. 4): » Bei Musikern weniger populär als das Vorgängerpaar […], auch ihres technischen Anspruchs wegen ge -fürchtet und deshalb in Konzerten selten zu hören, sind die zwei späten Werke […] in ihrer filigra-nen Arbeit, der Verbindung von virtuosem Gestus mit kontrapunktischer Fügung und nicht zuletzt ihrem formalen Einfallsreichtum in den Finalsätzen für Kenner die Krönung von Mozarts kammer -musikalischem Schaffen « .