Arnold Schönbergs » Friede auf Erden « op. 13 Wolfgang Ruf Wolfgang Ruf In seinem 2009 erschienenen, grundlegenden Buch » Weltanschauungsmusik « unter-sucht Hermann Danuser unterschiedliche Formen weltanschaulich gebundener Tonkunst aus der Zeit seit Bach bis zur frühen Moderne.1 Er gruppiert relevante Werke nach ästhetisch-kulturellen » Inbildern « , klingenden Manifestationen der Ideen von Gemeinschaft, Bildung, Religion, Heldentum, Liebe und Allnatur. Repräsenta-tionen dieser Ideen ortet er in Beethovens » Eroica « und im Finale der Neunten Sym-phonie, in Symphonischen Dichtungen von Liszt und Richard Strauss, in geistlicher und allgemein-religiöser Musik von Bach bis Reger, in lyrischer Chormusik von Brahms, in Wagners » Tristan « , » Götterdämmerung « und » Parsifal « , in Symphonien von Mahler und Hindemith und in Werken Schönbergs, Zemlinskys und Weberns – nahezu ausschließlich in groß angelegten, gattungsinnovativen Kompositionen mit mehr oder weniger eindeutig fixierbarem Gehalt. Politisch engagierte Musik wird am Beispiel von Eislers » Deutscher Symphonie « thematisiert, und zwar, etwas über-raschend, in der Kategorie Heldentum. Im Folgenden sei eine Komposition Arnold Schönbergs behandelt, die weder Heldentum verklärt noch zur Veränderung der realen sozialen Verhältnisse aufruft, jedoch der überzeitlichen Idee des ewigen Frie-dens klingenden Ausdruck verleiht. Sie macht damit ein weiteres, ein für das Kom-ponieren im späteren 20. Jahrhundert immer relevanter werdendes, freilich von der Forschung noch wenig beachtetes » Inbild « bewusst: den weltumfassenden und überdauernden Frieden und die Ächtung von Kriegen.2 Schönbergs Chorwerk » Friede auf Erden « ist, so die These, Weltanschauungsmusik in dem von Danuser definierten Sinn: Es erfüllt aufgrund des Textes und der komplexen Art seiner Ver-tonung das doppelte Postulat der autonomen Strukturierung wie der heteronomen Sinngebung und vermittelt die über den persönlichen Wunsch hinausgehende Vor-stellung einer zukünftigen Weltgemeinschaft ohne Gewalt.3 1 Vgl. Hermann Danuser: Weltanschauungsmusik, Schliengen 2009.2 Das Desiderat einer Befassung mit der Thematik von Krieg und Frieden ist in jüngerer Zeit wieder-holt betont worden, so seitens der sozialwissenschaftlichen Konflikt- und Friedensforschung durch Dieter Senghaas (Klänge des Friedens. Ein Hörbericht, Frankfurt a. M. 2001, S. 19ff.) und seitens der Musikwissenschaft durch Stefan Hanheide (Musik im Zeichen politischer Gewalt, in: Musik und Le-ben. Freundesgabe für Sabine Giesbrecht, hrsg. von Hartmuth Kinzler (= Schriftenreihe des Fachbe -reichs Erziehungs- und Kulturwissenschaften der Universität Osnabrück 18), Osnabrück 2003, S. 108–120.3 Der Beitrag versteht sich als Ergänzung zweier bereits vorliegender Deutungen: Hermann Danuser: