456 Wolfgang Ruf Da die Hirten ihre Herde Ließen und des Engels Worte Trugen durch die niedre Pforte Zu der Mutter mit dem Kind,Fuhr das himmlische Gesind Fort im Sternenraum zu singen,Fuhr der Himmel fort zu klingen:›Friede, Friede! auf der Erde!‹Seit die Engel so geraten,O wie viele blut’ge Taten Hat der Streit auf wildem Pferde,Der geharnischte vollbracht!In wie mancher heil’gen Nacht Sang der Chor der Geister zagend,Dringlich flehend, leis verklagend:›Friede, Friede … auf der Erde!‹Doch es ist ein ew` ger Glaube,Daß der Schwache nicht zum Raube Jeder frechen Mordgebärde Werde fallen allezeit:Etwas wie Gerechtigkeit Webt und wirkt in Mord und Grauen Und ein Reich will sich erbauen,Das den Frieden sucht der Erde.Mählich wird es sich gestalten,Seines heil’gen Amtes walten.Waffen schmieden ohne Fährde. Flammenschwerter für das Recht,Und ein königlich Geschlecht Wird erblühn mit starken Söhnen,Dessen helle Tuben dröhnen:Friede, Friede auf der Erde! Die vier Strophen des Gedichts, jede bestehend aus acht vierhebigen, trochäischen, paarig gereimten Versen mit abschließender Refrainzeile, bilden vordergründig ein Weihnachtslied. Die erste Strophe erinnert an Jesu Geburt (Mutter, Kind, Hirten, Herde), die Botschaft des Engels und die jubelnden Heerscharen (» das himmlische Gesind « ). Jedoch wird die zentrale Friedensverkündung aus dem Evangelium des Lukas (2. Kapitel, Verse 8–14; Vers 14: » Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Er -