Entfaltung eines Motivkeims bei Felix Mendelssohn Bartholdy 475 Notenbeispiel 6: Umkehrung des Motivs A und der Topos B-A-C-H Das Motiv A ist nicht durch einen Text hermeneutisch bestimmt, es erfüllt aber durchaus eine leitmotivähnliche Funktion, die man mit » Gottesgedanke « assoziie-ren könnte. Verblüffend ist die strukturelle Nähe zu der Gestalt in Arnold Schön-bergs Oper » Moses und Aron « , die nun wirklich in der Nachfolge Wagners als Leit-motiv für den » Gottesgedanken « steht. Eine nähere Untersuchung könnte zeigen, dass Schönbergs Oper weit mehr mit dem » Elias « zu tun hat, als landläufig vermu-tet wird.Notenbeispiel 7: » Elias « , Umkehrung des Motivs A und das Gottesmotiv aus » Moses und Aron « Mendelssohn indes nützt nicht nur alle Möglichkeiten der kontrapunktischen Vari-antenbildung, wie die hier dem Krebs gleiche Umkehrung, sondern auch die Anrei-cherung der Kerntöne durch Zwischenelemente, die zum Ostinatomotiv im Duett mit Chor Nr. 2 führt – alles Verfahrensweisen, die uns zumal aus Brahms’ Musik vertraut sind.Notenbeispiel 8: Umkehrung des Motivs A und Ostinatomotiv der Nr. 2 Von besonderem Interesse ist nun die Beobachtung, dass diese Vielfalt der Verwen-dung des Motivs A nicht etwa einem primären Einfall bei der kompositorischen Ar-beit zu verdanken ist, sondern Mendelssohn sich dessen mehrdimensionaler Dar-bietung erst in gestufter Elaboration näherte. Die Endfassung der Einleitung bietet das Motiv sowohl am Anfang als auch am Ende durch die simultane Präsentation der Terz- bzw. Sextkoppelung von Grundgestalt und Umkehrung in kontrapunk-