Von der Sprache und ihren Konzepten in der musikalischen Analyse 491 sichtlicher, in Buchstaben kodifizierter Textbedeutung und dem Hintersinn, auch latenter Sinn genannt.11 Dieses Verhältnis lässt sich auch auf Klangkunst übertragen und mit der Frage verknüpfen, was das Stück Klangkunst bzw. ein Text bei seiner Analyse beim Analysierenden bzw. Leser auslöst. Ein hinreichend systematisiertes Verfahren widmet sich der Benennung metaphorischer Bedeutungskomplexe und wie sie zustande kommen.12 .Entsprechend einer Systematik kann man hier festhalten:1. ein abstraktes Bild als Textur eines konkreten Spannungszustands durch Lie-getöne und diastematische Verlaufsvorschrift im Ch. II (buchstäbliche Denota-tionen per Symbolsystem Grafische Darstellung);2. buchstäbliche Denotationen durch Lautschrift und Vorschriften; eine metaphori-sche Denotation durch eine fremde Sprache im Bass;3. die Verknüpfung der daraus resultierenden Vorstellungsakte mit den nicht metaphorischen Konzepten WÜRGEN (konkret) sowie TOD (abstrakt);4. die Referenz dieser Konzepte auf assoziierte körperliche Erfahrungen und bildhafte Vorstellungen sowie (im Falle der Ausführenden) eine leiblich-akustische Präsenz und Involviertheit, betrifft den Bereich sinnlich-symboli-scher Interaktionsformen (nach Lorenzer);5. die aktuelle sprachliche Realisierung in einem diskursiven Text auf dem Bild-schirm des Analysierenden (Symbolsystem Sprache, sprach-symbolische Inter-aktionsformen).Das Beispiel denotiert eine Partitur und denotiert metaphorisch das Konzept TOD. Die Analysesystematik startet auf der deskriptiven Oberfläche und benennt die ver-schränkten Symbolsysteme und deren Konzepte. Wie virulent aber dabei die Kon-zepte der nicht-bewussten Grunderfahrungen sein können, lässt sich anhand nur dieses kleinen Partiturausschnitts bereits bestens verdeutlichen. Der aufmerksame Beobachter erlebt Szenen von mehr oder weniger großer Enerviertheit. Was über die weiter oben angesprochene Umwandlung diskursiver Zeichen in präsentative Symbole hinausreicht, rührt an primitive Instinkte, an tief in der Urschicht des Men-schen eingeprägte Urängste. Das Konzept TOD taucht, wie man deutlich sehen kann, in der Regieanweisung auf. Der Verstand, mit der Sprache in einer natür-lichen Koalition, registriert mit Distanz die Bedeutung dieses Wortes. Doch diese der Rationalität geschuldete Distanz wird mehr und mehr überwunden. Bereits die bloße Vorstellung velarisierter Lautfolgen wie z. B. [xа] und die anderen Kombina-11 Vgl. Alfred Lorenzer: Szenisches Verstehen. Zur Erkenntnis des Unbewussten, hrsg. von Ulrike Pro-kop und Bernard Görlich, Marburg 2006.12 Vgl. Gerhard Schmitt: Musikalische Analyse und Wahrnehmung. Grundlegung einer interdiszi-plinären Systematik zur semantischen Analyse von Musik und Sprache, dargestellt an ausgewählten Beispielen zeitgenössischer Klangkunst, Osnabrück 2009.