500 Mieczysław Tomaszewski als er im Jahre 1840 all seine bekannten Liederzyklen komponiert hat. Für Frédéric Chopin war es die Gipfel- und Spätphase, als in den Jahren 1836–1845 eine Reihe seiner bedeutendsten Werke entstanden: Balladen, Scherzos, Sonaten, die großen Polonaisen. Für Ludwig van Beethoven ist es die späte und die letzte Phase, die Zeit, in der er die IX. Sinfonie und die » Missa solemnis « komponiert hat und vor al-lem die letzten Sonaten und Quartette. * * *Das Problem der sogenannten Periodisierung des schöpferischen Weges lässt von sich – von Zeit zu Zeit – hören, insbesondere, wenn neue Aspekte des Schaffens ent -deckt wurden oder wenn eine neue Methodologie eine neue Perspektive schafft.Periodisierung ist mit Interpretation gleichzusetzen – aber das ist auch alles. Sie kann diskutiert, angenommen oder abgelehnt werden. Nur manche Vorschläge, das Werk aufs Neue zu lesen, halten sich länger. So war es z. B. mit dem Vorschlag des Schülers von Chopin, Wilhelm von Lenz, in Bezug auf Beethoven. Ich meine hier seine Beethoven-Studie, bis heute aktuell.16 Der hier unternommene Versuch, den schöpferischen Weg eines Komponisten als eine Art Narration (Erzählung) zu sehen, die über die Knotenpunkte seines Le-bens verläuft, erfordert notwendigerweise eine Ergänzung in der Exemplifizierung seiner Richtigkeit an konkreten Lebensläufen der Schöpfer. Das hier skizzenhaft präsentierte Modell wurde an mehr als zehn bedeutenden Komponisten verifiziert, u. a. Beethoven, Schubert und Chopin.17 16 Wilhelm von Lenz: Beethoven et ses trois styles, St. Petersburg 1852. In der Periodisierung von Lenz verlaufen die Grenzen des schöpferischen Stils ungefähr zwischen der frühen und der reifen Phase und dann zwischen der Gipfel- und der Spätphase. 17 Vgl. Mieczysław Tomaszewski: Życia twórcy punkty węzłowe (s. Anm 1).