Hommage à PR1 513 Unter Computer-Komposition verstehe ich die Ausführung von Regelsätzen mit Hilfe eines Computers zur Ausarbeitung musikalischer Zusammenhänge ohne explizite Definition des akustischen Darstellungsraums. Wird zur akusti -schen Definition ein elektronisches Studio benutzt, erhalten wir elektronische Musik; wird ein Orchester benutzt, Instrumentalmusik; wird nichts benutzt, bleibt's bei Kompositionstheorie.[…] Meine bisherigen Versuche im Bereich Computer-Komposition zielten meist auf die akustische Darstellung mit Mu-sikinstrumenten, durch Musiker.[…] Angeregt zum Formulieren von Regelsätzen wurde ich zuerst durch seri-elles Komponieren, dann durch das Komponieren im elektronischen Studio (Regelsätze konkretisiert durch Schaltungen und mechanisch ablaufende Ar-beitsprozesse), schließlich durch das Studium einer Computersprache und das Erfordernis von Programmierübungen. […]Koenig stellt sich die Frage, ob – ausgehend von der Diskussion von Kompositions-techniken der frühen Darmstädter Ferienkurse – es nicht an der Zeit wäre, solche Techniken einer systematischen Prüfung zu unterziehen? Gab es zuverlässige Regeln, und wie weit erstreckten sie sich in die Komplexitäten musikalischer Kontexte, d. h. in akustische (oder meinetwe-gen graphische) Datenmengen, die als musikalisch sinnvoll (was immer das heißen mag) erfahren werden? Weiß ein Komponist überhaupt, was er tut – ich meine, kann er sein Wissen aussprechen, ohne es anzuwenden? Nur der Versuch konnte die Antwort geben. So entstand Projekt 1, ein Fortran-Pro-gramm zur Beschreibung eines verallgemeinerten Modells serieller Komposi-tion.Die Verallgemeinerung bestand vor allem im Verzicht auf die Konstellation Originalreihe plus Permutationen; an ihre Stelle traten Zufallsfolgen (also Zu-fallspermutationen) von Datenlisten. […] Dieses Konzept hielt etwa die Mitte zwischen einem Generator für eine große Anzahl ähnlich organisierter Kom-positionen und einem Testverfahren zur fallweisen Erprobung der im Pro-gramm dargestellten Strategie.3 Eigentlich wollte ich mithilfe eines Computers fortsetzen, was ich mit dem Essay versucht und im Terminus vorläufig beendet hatte: die unmittelbare Übersetzung des untergründigen musikalischen Formverlaufs in den beweg-ten Klang. […]Da dieser Wunschtraum damals aus technischen Gründen nicht erfüllt werden konnte, begann ich mit der Untersuchung der Frage, wie weit kompositorische Strategien in der Instrumentalmusik mit Hilfe von Algorithmen dargestellt 3 Gottfried Michael Koenig: Umgang mit Projekt 1. Erfahrungen mit Computermusik. 1990, in: Ästhetische Praxis 3 (1993), S. 332f.