Hommage à PR1 515 ßig und unregelmäßig strukturierten Parameterverläufen, und wie diese – in » Schichten « überlagert – zu komplexen Formabschnitten zusammengefügt werden konnten:Meine Idee war, meine eigenen Erfahrungen mit programmierter Musik am Schreibtisch und im elektronischen Studio zu einem Modell zusammenzufas-sen, das eine große Anzahl Varianten seiner selbst beinahe vollautomatisch er-zeugen konnte. Getreu den Grundsätzen der fünfziger Jahre sollten alle betei-ligten Parameter wenigstens eine gemeinsame Eigenschaft haben; ich wählte hierfür das Begriffspaar » regelmäßig/unregelmäßig « . » Regelmäßig « bedeutet hier, daß ein selektierter Parameterwert häufig wiederholt wird; es entstehen dadurch Gruppen gleicher Rhythmik, Oktavlage oder Lautstärke, gleichartiger harmonischer Struktur oder gleicher Klanglichkeit. Die Dauer solcher Grup-pen ist in allen Parametern verschieden, so daß Überschneidungen entstehen. – » Unregelmäßig « bedeutet hier, daß ein selektierter Parameterwert nicht wie-derholt werden kann, ehe nicht alle oder wenigstens viele Werte dieses Para-meters an der Reihe waren.6 Das ursprüngliche PR1 stellte ein Modell dar, das einen gedachten Übergang von regelmäßigen zu unregelmäßigen Vorgängen in sieben Stufen bewerkstel -ligt; die Reihenfolge der sieben Stufen hängt vom Zufall ab, so daß zwar keine Entwicklung stattfindet, jedoch die sieben Stufen des Übergangs in jedem der fünf Parameter » gezeigt « werden. Zum Zweck sich überschneidender Zyklen und um dem Komponisten Anhaltspunkte zur Anfertigung einer Instrumen-talpartitur zu geben, wurden neun Instrumente (1 bis 9), vier Register (1 bis 4), acht Lautstärken (ppp bis fff), 28 Einsatzabstände (vom Komponisten zu be-stimmen) und eine im Programm festgelegte harmonische Struktur vorgese-hen, die sich aus Dreitongruppen zusammensetzt.7 Die Formulierung einer Strategie unterscheidet sich vom Komponieren eines Stückes darin, daß keine Einzelheiten, sondern nur Rahmenbedingungen fest-gelegt werden, diese aber in allen Einzelheiten. […]Zur Realisierung dieses Konzeptes besann ich mich auf die Technik des Ver -bindens durch Überschneidung. Musik verläuft sozusagen in Schichten, denen man die Aufmerksamkeit einzeln zuwenden kann: Rhythmik, Harmonik, Me-lodik, Dynamik, Instrumentation. Solche Schichten haben eigene Verlaufsfor -men, die erst nach größeren Formeinschnitten gemeinsam enden; je unerwar-teter die Abläufe sich überschneiden, desto stärker artikulieren sie einander. Um mehrere Abschnitte innerhalb einer Schicht zu unterscheiden, entschied ich mich für eine Differenzierung nach Graden der Statik: von äußerster Unbe-6 Gottfried Michael Koenig: Kompositionsprozesse. 1978, in: Ästhetische Praxis 3 (1993), S. 205.7 Ders.: Projekt 1 – Modell und Wirklichkeit. 1979, in: Ästhetische Praxis 3 (1993), S. 226.