Hommage à PR1 519 lenförmig festgelegte Ereignisfolge zu interpretieren und in musikalische No-tation umzuschreiben. Hierzu dient in erster Linie die Analyse, mit der man feststellt, in welchem Ausmaß und in welcher Form die ursprüngliche Inten-tion im Resultat sich abbildet. Manches, was man sich erhoffte, mag fehlen oder unerkannt bleiben, manches andere als unvorhersehbare Konsequenz des Verfahrens, wenn auch immer im Rahmen des Regelkanons, dazugekommen sein.13 Die kreativen Vorgänge in der Gestaltung der letzten Arbeitsphase sind substantiel-le Bestandteile des Kompositionsprozesses: sie beanspruchen die Intuition und das professionelle Handwerkszeug eines Komponisten in seiner ganzen Breite:Die Interpretation der Partiturtabelle dient dem Zweck, die den Eingabedaten zugrundeliegende musikalische Idee freizulegen; vielleicht nicht einmal die Idee eines bestimmten Stückes, sondern die von Komposition überhaupt. Wenn man einen einzelnen Parameter betrachtet, zeigt sich seine charakteristi-sche Struktur, die man, wenn es sein muß, zur Grundlage eines Formteils ma -chen könnte, indem man die fehlenden Parameter hinzuerfindet. Dasselbe gilt für die Betrachtung zweier Spalten, die einander ergänzen, aber auch einmal widersprechen; beiden Situationen kann man mit Daten in den noch » freien « Parametern gerecht werden. Mit jedem weiteren Parameter wird die Lage schwieriger; denn obwohl sich die Parameter aufgrund der zugrundeliegen-den Strategie gegenseitig artikulieren, legen sie einander zugleich fest. Man sieht sich gewissermaßen vor das Resultat eines Prozesses gestellt, den man sonst (ohne Computer) phasenweise abgearbeitet und dabei gesteuert hätte. Die Steuerung obliegt in Projekt 1 den im Programm festgelegten Regeln, akti-viert von den Eingabedaten des Komponisten; diese erst geben den Regeln ih-ren Sinn, indem sie bei der Formulierung der Eingabedaten mitgedacht wer-den.Die spontane Steuerung wird nun durch Interpretation ersetzt; die analysie-rende Betrachtung der Partiturtabelle, eingerahmt vom ursprünglichen Impuls einerseits und der zu seiner Realisierung getroffenen Veranstaltung (der For -mulierung von Prozeßdaten und Prozeßsteuerung) andererseits, schließt Spontaneität bei der Beurteilung keineswegs aus. Die Interpretation der Parti -turtabelle ist zugleich eine der kompositorischen Strategie. […]Zur Interpretation der von Projekt 1 komponierten Datenstruktur verwende ich gern ein arbeitsteiliges Verfahren, zu dem sich übrigens Analogien im se-riellen Komponieren, mehr noch in der elektronischen Musik finden lassen.13 Ders.: Computerkomposition. 1988, in: Ästhetische Praxis 3 (1993), S. 312.