Über ein phrygisches Kadenzmodell in der Ahnenreihe des Tristan-Akkords 557 In der Tat kann man bei der mit den phrygischen Bass-Schritten e–es–d in die Domi-nante der Haupttonart zielenden Akkordfolge sozusagen in einem akustischen Ge-dankenexperiment Mozarts Oberstimmenmelodie durch die berühmten Tristan-Vorhalte ersetzen (hier in Viertelnoten) und hätte verblüffenderweise ein Ebenbild des Tristan-Beginns vor sich. Allerdings handelt es sich bei Mozarts Kadenz um einen Dreischritt, bei dem die Tristan-Folge nur den ersten Übergang von der Ante-penultima zur Penultima (e–es) markiert, während der Bass sich noch einen weite-ren Sekundschritt zum Zielton d als Dominante der Haupttonart g-Moll weiter be-wegt. (Der Autor hat sich erlaubt, aus Gründen der größeren Analogie zum Tristan-Akkord die Mittelstimme in beiden enharmonischen Schreibweisen zu setzen und in Vorausschau auf das Folgende – siehe unten, Bsp. 10 – den letzten Ton dieser Stimme in die Dominantsepte » abspringen « zu lassen.)Notenbeispiel 2 Zurück zu Mozart: Auf ein schematisches Akkordmodell reduziert, lässt sich die Mozartsche Passage folgendermaßen wiedergeben (die in dieser Reduktion auftre-tenden parallelen Quinten wurden von Mozart durch Stimmentausch und Melodie-führung umgangen):Notenbeispiel 3 Im folgenden Versuch soll es darum gehen, das dreigliedrige Gebilde in seiner Ei-genschaft als eine der möglichen historischen » Vorstufen « des Tristan-Akkords nä-her zu beleuchten.III.Zunächst noch einmal zum Tristan-Akkord selbst: Unter den zahlreichen theoreti-schen Annäherungsversuchen an die berühmte Figur spielt unter anderem die Be-obachtung eine Rolle, dass die Akkordfolge, über die sie gebaut ist, auf einer chro-