Über ein phrygisches Kadenzmodell in der Ahnenreihe des Tristan-Akkords 563 Das heißt aber mit anderen Worten: Die über die Akkordfortschreitung von der An-tepenultima zur Penultima gegebene (und in Bsp. 2 durch Hinzufügung der chro-matischen Halbtonschritte noch unterstrichene) Tristan-» Ebenbildlichkeit « beruht auf einer akustischen Täuschung: Es handelt sich um die an mittlerer Stelle auftre-tende Harmonie um einen alterierten Akkord, der in enharmonischer Umdeutung die Gestalt eines Dominantseptakkordes annimmt.3 Der Auflösungsakkord Das Gebilde löst sich jedenfalls in die Dominantharmonie auf, die in Terz- (Mozart, KV 550, Liszt, » Venezia « bzw. » Tasso « ), Quint- (Schubert, D. 802), Oktavlage (Mo-zart, KV 331, Beethoven op. 31/3 usw.) eintreten oder durch einen Quartsextvorhalt (Mozart, KV 626) verzögert werden kann usw. Die Oktavlage muss nicht nur durch leittönige Auflösung des alterierten Tones (dis–e), sondern kann auch zur Vermei-dung von Stimmführungsparallelen durch » Hinaufspringen « aus der Sexte (Beetho-ven) oder der Quarte (Schubert, D. 950, Liszt, Die Lorelei)18 des Dominantgrundtons in dessen Oktave erreicht werden. Die Quintlage repräsentiert in diesem Kontext das interessanteste Problem, denn die Quinte des Dominantakkords kann aus Gründen der offenen Quintparallelen zum Bass nicht chromatisch » fallend « von der Sexte aus (c–h) erreicht werden, son-dern nur durch einen melodischen » Aufsprung « . Schubert setzt in seinen Variatio-nen über » Trockene Blumen « D. 802 an dieser Stelle eine rhetorische Fragefigur, die in der Vokalmusik des 19. Jahrhunderts, zumal in Lied- und Opernmusik anzutref-fen ist (Bsp. 9).Notenbeispiel 9 Noch ein letztes Gedankenexperiment: Da das Gebilde in jedem Fall mit der Domi-nantharmonie endet, ist es denkbar, dass der resultierende Dreiklang der Dominan-te durch den Dominantseptakkord ersetzt wird, so dass es zum » Abspringen « des 18 Letztere beiden Exempel sind interessant, weil sie eine Kombination aus » Terzlage « , die durch Stim-mentausch in der Tenor- bzw. der Singstimme als das » eigentliche « Ziel der Melodie erreicht wird, und dem » Oktavaufsprung « repräsentiert, der im Sopran bzw. der Klavierbegleitung erfolgt!