- 342 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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was man so nennen soll. Dass der Direktor der Wiener Hofoper, dem so ziemlich alle Konzertsäle der Welt heute zu jedem neuen Werke offenstehen, der Förderung durch den Verein nach Sinn und Wortlaut der Satzungen bedarf, das werden ausser dem Vorstand nicht eben sehr viele Mitglieder als Notwendigkeit empfunden haben. [E06/U]
Obwohl bereits seit Oktober v. J. vollendet, hat Mahler mit der Uraufführung bis zum Tonkünstlerfest zugewartet. Durch allerlei Zeitungsnotizen war man natürlich noch mehr auf die Hauptnummer des Festes – das Werk erhielt schon den Beinamen »Die Trommelsinfonie« – auf’s höchste gespannt. [E06/V]

Schon tags vorher sah man Musiker und Musikverständige zu Dutzenden mit der rotgehefteten kleinen Partitur in der Hand im Stadtgarten und in der Nähe des städtischen Saalbaues, selbst in den Strassen der Stadt umherpilgern, um sich in die Mysterien dieses modernen gigantischen Riesenwerkes zu vertiefen und den orientierenden Blick für die Aufführung selbst zu gewinnen. In der Tat, das Interesse konzentrierte sich mächtig auf dieses Werk, von dem man sich allerlei merkwürdige Dinge erzählte, alles andere wurde nur als Vorgeplänkel betrachtet zu diesem Hauptschlag, den Mahler auszuführen im Begriffe stand. [E06/W]

Entgegen dem sonst üblichen Verhalten eines ordentlichen Berichterstatters wird er, mit gütiger Erlaubnis seiner Leser, dieses Mal eine Ausnahme machen und von dem letzten Konzert zuerst erzählen. Eine Berechtigung dazu ist wohl vorhanden; denn in diesem Konzert war auch eine Ausnahme gemacht worden, indem es ein Programm erhalten hatte, das nur eine Nummer aufwies, ein Verfahren, das umso mehr auffallen mußte, als derartige musikalische Feste mit der Länge ihrer Konzerte und der bunten Zusammenstellung der verschiedenen Nummern keine geringen Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit und die Ausdauer der Zuhörer zu stellen pflegen. Der Vorstand des Vereins muß also wohl einen ganz besonderen Grund gehabt haben, weshalb er sich veranlaßt sah, dem Mahlerschen Werke einen solchen Ehrenplatz einzuräumen. In der Generalversammlung verlautete darüber nur, daß der Komponist seine Arbeit bereits im Oktober fertig gehabt, die erste Aufführung aber trotzdem bis zum Essener Feste zurückgehalten habe. Da mußte dann wohl der Verein sich für diese Freundlichkeit auch erkenntlich erweisen und die ihm zugedachte Ehre mit einer gleichen vergelten suchen. Einen anderen Grund dürfte es kaum dafür geben; denn, wenn der Vorstand mit dieser besonderen Anordnung etwa eine Kritik hätte vorweg nehmen wollen, die dahin gelautet haben würde, daß das Werk nun auch von den Vereinsmitgliedern als ein ganz bedeutungsvolles eingeschätzt werden müsse, dann hätten diese wohl gegen eine solche Zumutung eine deutliche Einsprache erhoben. Ob aber nicht doch die Aufnahme durch jenes Verfahren etwas stark beeinflußt worden ist, das mag dahingestellt bleiben! Die Zukunft wird lehren, ob ein gänzlich unbeeinflußtes Publikum sich für das Werk genauso wird erwärmen lassen, wie es am 27. Mai in Essen geschehen ist. [E06/X]

Generalprobe und Konzert waren ausverkauft. [E06/Y]

Da die Partitur seiner Symphonie für 6 Mark zu erstehen ist, steht es ja heutzutage jedem frei, sich eingehend mit Mahlers Muse zu beschäftigen. [E06/Y]

Gustav Mahler z. B. wußte ganz genau, warum er für die Hergabe seiner VI. Symphonie die conditio sine qua non stellte: entweder an einem Abend allein oder gar nicht. Durch keinerlei andere musikalische eindrücke sonst zerstreut und ermüdet, sind die Zuhörer gespannt und aufnahmefähig. Und offenbar um dem Musikfeste einen besonderen Anziehungspunkt zu verschaffen, erfüllte man Herrn Mahlers relativ sehr große Forderung und bewilligte für seine etwa 1 1/2 Stunden dauernde Symphonie einen ganzen Abend und eine ganze Generalprobe, während die übrigen sieben (!) Orchesterkomponisten in dem andern fünfstündigen Symphonieabend zusammengepfercht wurden. [. . . ] Die weitere Oeffentlichkeit hatte einige Zeit vor dem Essener Musikfeste lesen können, wieviel Schlagzeug Mahler in seiner neuen Symphonie verwendet. Es wurden da merkwürdige Dinge berichtet von den dreifach besetzten Pauken, der großen Trommel, die mit Ruten geschlagen wird (übrigens nicht neu), von Herdenglocken, tiefen Glocken, Xylophon, von der Celesta, und als Pièce de résistance von einem großen Hammer, der im geeigneten Momente auf eine Riesentrommel niedersausen würde. [. . . ] nachdem schon in den Proben noch viel an Kleinigkeiten in der Partitur geändert worden war, [E06/Z]

In den zahlreichen Proben nervös, von äußerster Lebhaftigkeit, an der Partitur immer noch ändernd und verbessernd [E06/e]


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