noch mit einem zugegebenen Anteil an
Subjektivität gearbeitet werden. Die folgenden Abschnitte sollten folglich eher wie
Protokolle eines künstlerisch-technischen Experimentes als wie wissenschaftlich
dargelegte Begründungen einer Versuchsreihe betrachtet werden. Da aber erstens die
getroffenen Entscheidungen nicht immer völlig trivial sind (wenn auch nicht völlig
begründbar), zweitens die performancebezogene Arbeit mit Rubato noch sehr wenig
dokumentiert wurde, und drittens eine genaue Beschreibung der Parametereinstellungen
notwendig ist, um den reproduzierbaren Charakter dieser Versuche zu behalten, durfte
auf ein detailliertes Protokoll der Interpretationsgestaltung nicht verzichtet
werden.
In den anstehenden Performances soll der Notentext die wichtigste Rolle spielen. Nicht nur die Angaben bezüglich Notenhöhen und –dauern, sondern auch die agogischen, artikulatorischen und dynamischen Daten der Partitur sollen skrupulös kodiert und respektiert werden. Die durch die Benutzung von Gewichten eintretenden Veränderungen der ›rohen‹ Partitur sollen mehr die Rolle von leicht bis mittelstark geprägten Adaptierungen und weniger die von radikalen Umstellungen einnehmen. Schließlich muss betont werden, dass bei der Interpretation mit Rubato viel mehr Optionen zur Gestaltung zur Verfügung stehen, als hier tatsächlich benutzt werden. Es können Operationen vorgenommen werden, die das Addieren oder das Multiplizieren von mehreren Gewichten vorsehen, das Potenzieren eines einzigen Gewichtes ermöglichen, oder auch die beliebige Aufteilung von Prädikatenlisten nach Einsatzzeiten vornehmen, um Gewichte nur auf einen Teil der Prädikate wirken zu lassen. Aufgrund der wissenschaftlich auferlegten Arbeitsweise ist es aber nicht möglich, solche Schritte wissenschaftlich zu begründen: Ab einem gewissen Grad an Komplexität bei der Gestaltung einer Interpretation ist nämlich ihre Bedeutung nicht mehr nachzuvollziehen, und die pure Subjektivität leitet das Handeln. Aus diesem Grund wurden in dieser Arbeit bei der Interpretationsgestaltung eine große Anzahl von Optionen und Möglichkeiten Rubatos ausgelassen. 12.1. Etüde Nr. 11Durch eine Interpretation der Etüde Nr. 11 sollen die in der Analyse als wichtig gekennzeichneten Merkmale des Stückes akustisch hervorgehoben werden. Als erstes soll der Kontrast zwischen dem melodisch-rhythmischen Material der linken und der rechten Hand so ausgedrückt werden, dass die linke Hand deutlich hervorgehoben wird2
Bevor die eigentliche Interpretationsgestaltung beginnen kann, muss die Wirkungsrichtung der fünf aus der informationstechnologischen Analyse ausgefilterten Gewichte festgelegt werden. Abbildung 12.1 gibt sie noch einmal kompakt wieder.
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