II Dinu Lipatti, Pianist und KomponistDinu Lipatti, mit vollem Vornamen Constantin, wird am 19. März 1917 in Bukarest geboren und stirbt am 2. Dezember 1950 in Chêne-Bourg bei Genf an den Folgen der Hodgkinschen Krankheit. Sein persönlicher und beruflicher Werdegang vollzieht sich in vier Stationen: Die Kindheit und frühe Jugend mit fundierter musikalischer Ausbildung in Buka-rest, der fünfjährige Studienaufenthalt in der Kulturmetropole Paris, der Rückzug nach Rumänien während des Zweiten Weltkrieges und zuletzt der Wohnsitz in der Wahlheimat Genf als Professor einer Meisterklasse für Klavier am dortigen Konser-vatorium.Der folgende Überblick hebt für die genannten Zeiträume Besonderheiten und Kontinuitäten in der künstlerischen Entwicklung Lipattis hervor. Jedes Kapitel soll Lipatti jeweils im Hinblick auf sein Gesamtschaffen in Studium, Konzerttätigkeit und Komposition sowie auf musikalisch einflussreiche Personen und die Rezeption seiner Werke darstellen.Als Grundlage dienen neben musikhistorischen Überblickswerken, Briefen und Äußerungen von Schülern und Freunden vor allem die verschiedenen Lebenserin-nerungen der Familie Lipatti und des Freundes Miron Șoarec: Lipattis Kindheit, Studienjahre und beginnende internationale Konzerttätigkeit finden ausführliche Schilderung in der 1954 erschienenen Darstellung »La vie du pianiste Dinu Lipatti écrite par sa mère«,35 1967 redigiert als »Dinu Lipatti. La douleur de ma vie«36 von Anna Lipatti. Als Zeugin der Genfer Zeit veröffentlicht Lipattis Ehefrau, Madeleine Lipatti,37 1952 den Erinnerungsband »Hommage à Dinu Lipatti«38 mit biografi-schen Schilderungen und Nachrufen aus dem musikalischen Umfeld, den sie an-lässlich des 20. Todestages Lipattis überarbeitet und dokumentarisch erweitert un-ter dem Titel »1970 In Memoriam Dinu Lipatti 1917-1950«.39 1994 publiziert Lipattis Bruder Valentin40 seine Autobiografie »Strada Povernei 23«,41 die die familiäre wie gesellschaftlich-kulturelle Situation Lipattis erhellt. Lipattis persönliche Perspektive 35Lipatti, Anna: La vie du pianiste Lipatti écrite par sa mère, Paris 1954.36Lipatti, Anna: Dinu Lipatti. La douleur de ma vie, Genf 1967. 37Madeleine Lipatti (1908–1983), geborene Dannhauer, verwitwet Cantacuzène, Pianistin und Schüle-rin von Florica Musicescu, nach Lipattis Tod zeitweise Assistentin bei dessen Nachfolger Nikita Ma-galoff; auch Interpretin der Kompositionen Lipattis, vgl. Diskografie.38Lipatti, Madeleine (Hrsg.): Hommage à Dinu Lipatti, Genf 1951.39Lipatti, Madeleine (Hrsg.): 1970 in Memoriam Dinu Lipatti 1917–1950, Genf 1970.40Valentin Lipatti (1923–1998), Literaturwissenschaftler und Diplomat, langjährige Tätigkeit für das IRRCS (Rumänisches Institut für die kulturellen Beziehungen zum Ausland), 1978–1984 ständiger Delegierter Rumäniens für die UNESCO in Paris. 41Lipatti, Valentin: Strada Povernei 23, Bukarest 1994. Der Titel ist die Adresse, an der sich die erste Wohnung der Familie Lipatti in Bukarest befand.