2.2 Persönliche und musikalische Begegnungen25gen werden.«17 Bei dieser Gelegenheit stellt Lipatti Cortot und Charles Münch seine bis dahin noch nicht aufgeführte Suite Șătrarii vor, für die ihm Münch große Aner-kennung zollt verbunden mit der Bitte um die Sonatine pour violon et piano.18 2.2 Persönliche und musikalische BegegnungenIn Paris ist ein bedeutsames Teilkapitel der rumänischen Musikkultur beheimatet, da die angehenden Komponisten der rumänischen Schule seit dem 19. Jahrhundert ihre Ausbildung bewusst in den europäischen Kulturzentren Wien, Leipzig und Pa-ris vertieft haben. Ist bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch Wien der Anziehungspunkt für Komponisten der ersten Musikergeneration einer rumänischen nationalen Schu-le wie Eduard (1836–1908) und Johann Andreas Wachmann (1807–1863), Ciprian Porumbescu (1853–1883) oder den jungen George Enescu, so löst Paris Wien zuneh-mend in dieser Rolle ab. Bereits seit 1894 befindet sich dort eine rumänische Ge-meinde, deren Kapelle von Dumitru Georgescu Kiriac (1868–1928), später Ioan Chi-rescu (1889–1980) geleitet wird.19 Die rumänischen Komponisten studieren an der Schola Cantorum wie Stan Golestan (1875–1956), Marcel Mihalovici (1898–1985) und Theodor Rogalski (1901–1954) oder am Conservatoire National wie Mihail An-dricu (1894–1974) und Enescu, und ab 1919 auch an der neu gegründeten École Normale de Musique wie Tudor Ciortea (1903–1982) und Lipatti. Außerdem wirken dort zwischen den beiden Weltkriegen George Simonis (1885–1971), Mihail Jora, Constantin Bobescu (1899–1992), Ioan Chirescu (1889–1980), Alfred Alessandrescu (1893–1959), Valentin Gheorghiu (geb. 1928) und Filip Lazăr (1894–1936). Eingebunden in die kunstübergreifende rumänische Avantgarde in Paris, vertre-ten u. a. durch den dadaistischen Schriftsteller Tristan Tzara (1896–1963) und den Bildhauer Constantin Brâncuși (1876–1957), orientieren sich die rumänischen Kul-turschaffenden ebenso an ihren eigenen nationalen Wurzeln wie an den gesamt-europäischen Strömungen der beginnenden Moderne. So gründet Mihalovici 1928 zusammen mit dem Schweizer Conrad Beck, dem Ungarn Tibor Harsányi und dem Tschechen Bohuslav Martinů die École de Paris, einen losen Zusammenschluss für die gemeinsame Organisation von Konzerten internationaler Ausrichtung. Die Studienjahre im europäischen Kulturzentrum Paris bedeuten für Lipatti eine künstlerische Horizonterweiterung durch neue musikalische Einflüsse und persön-liche Kontakte, die Weichen für seine spätere kompositorische Entwicklung stellen. Valentin Lipatti konstatiert: »Das Paris der 30er Jahre war für Dinu Lipatti die Epo-che der Aneignung und der kritischen Reflexion.«20 17A.a.O., S. 40; »›cîntă ca Horowitz și va fi unul din cei mai mari pianiști de mîine‹.« 18Vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 40.19Vgl. Nowka, 1998, S. 29.20V. Lipatti, 1994, S. 27; »Parisul anilor ’30 a fost pentru Dinu Lipatti epoca asimilării și a reflecției criti-ce.«