2.3 Pianistische und kompositorische Weiterentwicklung 31abend mit Enescu statt;51 es entwickelt sich eine musikalische Partnerschaft, die bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs bestehen bleiben wird. Am 12.11.1936 spielt er neben dem Klavierkonzert KV 466 von Mozart das Capriccio von Strawinsky mit der Bukarester Philharmonie und unternimmt ebenfalls im Herbst 1936 unter Georges-cu eine Konzertreise durch Ungarn, Österreich und die Tschechoslowakei,52 der weitere folgen werden. Zeitgleich sagt er konsequent weitere Einladungen ab, um sein kompositorisches Schaffen zu vertiefen. Er schreibt dazu aus Bukarest an Boulanger: »À présent, je suis pris d’assaut de toutes parts de donner aussi un récital, mais je me refuse obstinément et je m’enferme chez moi pour recommencer le travail componistique. Le Trio est fini depuis le mois d’Octobre et je le jouerai avec de très bons partenaires, à la ›Musique Nouvelle‹. Malheureusement il n’est pas encore entièrement copié à la plume. Pour le moment je n’ai qu’un seul désir: celui d’achever les anciennes choses, c’est à dire la Toccata et la Suite classique. S’il n’y avait pas eu entre temps ces concerts, j’aurais certaine-ment composé autre chose de nouveau. Mais il faut bien que je fasse, de temps en temps, pacte de bonne alliance avec le piano aussi!«53Nachdem sich sein Aufenthalt in Rumänien aufgrund von Devisenproblemen un-planmäßig verlängert hat, kehrt Lipatti am 02.02.1937 nach Paris zurück. Dort tritt er am 12. und 14.06.1937 im Rahmen der Weltausstellung in Konzerten der rumäni-schen Musik auf. Nach diesen Schlüsselereignissen der ersten zwei Studienjahre setzen sich seine Auftritte in wechselnden Formationen fort, deren Darstellung den Rahmen dieser Kurzbiografie übersteigen würde. Von Lipattis Solistenlaufbahn zeugt auch eine Er-innerung des Cellisten Gregor Piatigorsky:»In Paris spielte mir eines Tages ein junger Mann vor, der als Begleiter enga-giert werden wollte. Er war sehr zart und eifrig bemüht. Er spielte schon stun-denlang, aber ich war so entzückt, dass ich noch mehr hören wollte. Schließ-lich fragte er mit ängstlicher Stimme: ›Werden Sie mich engagieren?‹ Meine Antwort lautete ›Nein‹. Er erbleichte. ›Sie verstehen mich nicht richtig. Sie sind so jung. Sie sind ein Meister. Sie dürfen die wundervolle Karriere, die Ih-51Auf dem Programm stehen die Sonate G-Dur op. 96 von Beethoven, die Sonate A-Dur von Franck und die Sonatine pour violon et piano e-Moll von Lipatti.52Vgl. A. Lipatti, 1967, S. 47.53Brief vom 24.11.1936 an Nadia Boulanger, Muzica 4/2000, S. 56; »Zur Zeit werde ich von allen Seiten bestürmt, auch ein Recital zu geben, aber ich widersetze mich hartnäckig und schließe mich zu Hau-se ein, um die kompositorische Arbeit wiederaufzunehmen. Das Trio ist seit Oktober fertig und ich werde es mit sehr guten Partnern bei der ›Musique Nouvelle‹ [eine musikalische Vereinigung in Bu-karest, Anm. M. J.] spielen. Leider ist es noch nicht vollständig handschriftlich kopiert. Im Moment habe ich nur einen Wunsch: den, die alten Werke zu vollenden, nämlich die Toccata und die Suite classique. Wenn zwischenzeitlich nicht diese Konzerte gewesen wären, hätte ich sicherlich noch et-was Neues geschrieben. Aber es muss sein, dass ich von Zeit zu Zeit auch ein gutes Bündnis mit dem Klavier schließe!«