32Paris 1934–1939nen bevorsteht, nicht verderben.‹ Ich umarmte ihn. […] Einer der Gründe, die mich bewogen, Lipatti diesen Rat zu erteilen, ist das Mal, mit dem das Wort ›Begleiter‹ gebrandmarkt ist, ein Vorurteil, das eine Solistenlaufbahn behin-dern kann.«54 Ab 1939 wächst Lipattis Reputation in Paris wie im Ausland spürbar. Von seinem Ehrgeiz zeugt auch eine Bemerkung in einem Brief an Șoarec, in dem er begeistert eine neue Übemethode schildert, mit der er noch zeiteffektiver arbeiten könne.55Die Pariser Konzerte sowie die Auslandstourneen aus dieser Zeit werden in Anna Lipattis Lebenserinnerungen detailliert geschildert, die in ihren Berichten zwi-schen Stolz und ständiger Sorge um die labile Gesundheit ihres Sohnes schwankt. Der Wechsel zwischen attraktiven Konzertengagements einerseits und deren er-schöpfungsbedingten Absagen andererseits, welcher Lipattis letzte Lebensjahre do-minieren wird, beginnt sich hier bereits abzuzeichnen. Zudem hält der zeitliche Aufwand seiner minutiösen Vorbereitung die Anzahl der Konzerte wiederum in Grenzen. Deutlich wird jedoch, dass er in den Pariser Jahren zu einem international gefragten Pianisten avanciert und sich dem Höhepunkt seiner Konzerttätigkeit nä-hert. Das trifft nicht nur auf sein pianistisches, sondern auch auf sein kompositori-sches Schaffen zu: Lipatti komponiert in den Jahren des Pariser Studiums etwa zwölf Werke, in erster Linie für Klavier- und kleine Orchesterbesetzung. Am 23.01.1936 findet die Uraufführung seiner noch in Rumänien komponierten Suite Șătrarii in Bukarest unter der Leitung Joras statt, die Lipatti von Paris aus am Radio verfolgt: »Nous étions tous dans ma chambre: M. Lazăr56 avec moi près de la radio qui était placée sur le bureau et les autres tout autour. […] Je ne sais comment vous remercier pour l’admirable exécution qui m’a rempli de joie.«57 Für dieses Werk wird er im Rahmen der internationalen Weltausstellung im Sommer 1937 auf dem Festival der rumänischen klassischen Musik mit der französischen Médaille d’Argent ausgezeichnet. In Bukarest gehört Lipatti im Herbst 1936 bereits zur Jury im Kompositionswett-bewerb »George Enescu«.58 Während seiner Abwesenheit von Paris setzt Boulanger Anfang des Jahres 1937 seine »Suite«59 auf das Programm der Konzerte an der École Normale.Ende 1937 schreibt er erneut unzufrieden an Boulanger: 54Piatigorsky, Gregor : Mein Cello und ich und unsere Begegnungen, München 161998, S. 181.55Es handelt sich um Studien von Marie Joëll, vgl. Șoarec, 1981, S. 45.56In demselben Konzert erklingt dessen Concerto grosso Nr. 1, vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 48.57Brief vom 26.01.1936 an Mihail Jora, zit. nach Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 48f; »Wir waren alle in meinem Zimmer: F. Lazăr mit mir neben dem Radio, das auf dem Schreibtisch platziert war, und alle anderen drumherum. […] Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll für die bewundernswerte Auf-führung, die mich mit Freude erfüllt hat.«58Vgl. A. Lipatti, 1967, S. 47.59Vgl. Brief vom 07.01.1937 an Nadia Boulanger, Muzica 4/2000, S. 57f; es bleibt offen, um welche Suite es sich handelt; Lipatti selbst fragt Boulanger, welche Suite sie anvisiere, Șătrarii oder Suite classique. Letzteres liegt allerdings vom sachlichen Zusammenhang her näher.