2.3 Pianistische und kompositorische Weiterentwicklung 33»Dans le domaine de la composition je n’ai rien fait de nouveau, sauf une toute petite pièce de piano. […] J’ai dans la tête le projet d’un Concerto de pia-no, mais je n’arrive pas à le formuler sur le papier. C’est tantôt l’inspiration, tantôt le temps qui me manque.«60 Bei dem ›kleinen Klavierstück‹ handelt es sich um das Nocturne (Thème moldave), das Lipatti in Paris am 16.02.1938 in einem Recital im Rahmen der »Association Amica-le« zusammen mit Werken anderer rumänischer Komponisten aufführt.61 Ebenfalls in einem Konzert der »Association Amicale« kommt am 19.01.1939 seine Suite pour deux pianos zur offiziellen Uraufführung. In seinem Konzertrepertoire finden sich regelmäßig eigene Kompositionen, am häufigsten zu dieser Zeit das Concertino en style classique bzw. dessen Vorläufer Suite classique, eingebettet in andere zeitgenössische Werke, darunter auch Uraufführun-gen rumänischer Komponisten wie Mihail Andricu, Marcel Mihalovici, Mihail Jora, Ionel Perlea, Marțian Negrea, Filip Lazăr, Stan Golestan, Leon Klepper, Paul Con-stantinescu und natürlich George Enescu.Die Kunstmäzenin Princesse de Polignac gibt am 03.07.1939 ein Konzert, in des-sen Mittelpunkt sie Lipatti als Komponist und ihn zusammen mit Haskil als Inter-preten stellt. Auf dem Programm stehen seine kurz zuvor uraufgeführte Symphonie Concertante unter der Leitung des Widmungsträgers Charles Münch und die Suite classique. Lipattis künstlerische Laufbahn erfährt jedoch auch Hemmnisse. Eine von Enescu geplante Konzertreise in die USA mit Lipatti als Solist seiner Suite classique anläss-lich der Weltausstellung kommt aus finanziellen Gründen nicht zu Stande, wie sich auch in Zukunft jegliche Planungen für Konzerte außerhalb Europas zerschlagen werden, zumeist aus gesundheitlichen Gründen. Ab 1938 werfen die internationalen politischen Spannungen ihre Schatten auch auf Lipattis Alltag. In einer Konzertrezension merkt er an: »Malgré les événements politiques, Furtwängler est revenu encore cette année à Paris avec son merveilleux orchestre de Berlin.«62 Er selbst schreibt begeistert über seine Engagements für die Spielzeit 1939/40 u. a. in Paris und in den Niederlanden, die Aufschluss über sein wachsendes Renommee geben, jedoch aufgrund des Kriegsausbruchs nicht stattfin-den werden.63 In einem Brief an Șoarec spiegeln sich seine persönlichen Ängste wider: 60Brief vom 21.11.1937 an Nadia Boulanger, Muzica 4/2000; »Im Bereich der Komposition habe ich nichts neues gemacht außer einem ganz kleinen Klavierstück. […] Im Kopf habe ich das Vorhaben ei-nes Klavierconcertos, aber ich komme nicht dazu, es zu Papier zu bringen. Es ist mal die Inspiration, mal die Zeit, die mir fehlt.«61Darunter der Marche juive von Jora und Werke von Enescu, Andricu und Mihalovici.62Konzertrezension für die »Libertatea« am 20.05.1938, abgedruckt in: Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 232; »Trotz der politischen Ereignisse ist Furtwängler noch dieses Jahr mit seinem wundervollen Orchester aus Berlin gekommen.«63Vgl. z. B. Șoarec, 1981, S. 52f.