3Bukarest 1939–1943 »Je joue souvent, seul et avec Enesco. Je compose aussi.Nous attendons la fin de cette guerre et le jour ou nous pourrions de nouveau revoir nos chers amis de Paris«13.1 Rumänien in den ersten Kriegsjahren Rumänien tritt erst 1941 aktiv in den Krieg ein, befindet sich jedoch schon vor dem Sommer 1939 in gravierenden innen- wie außenpolitischen Krisensituationen. Das in der Folge des Ersten Weltkrieges durch Gebietzugewinne erstarkte Großrumäni-en sieht sich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mit massiven Revisionsansprüchen der Sowjetunion, Ungarns und Bulgariens konfrontiert und sucht Annäherung an das Deutsche Reich. Dabei erhalten die außenpolitischen Konflikte angesichts der starken ungarischen und deutschen Minderheiten auch innenpolitisch prekäre Be-deutung. Die Instabilitäten der wechselnden Regierungen unter Ferdinand I. spie-geln sich in rivalisierenden Bewegungen in der Bevölkerung wider. Große Unsi-cherheit verbreitet eine aggressiv antisemitische, zunehmend faschistisch orientierte Gruppierung, die sich zunächst »Legion des Erzengels Michael«, später »Eiserne Garde« und »Alles für das Land« nennt, und der die Regierung wechselnd mit Dul-dung und mit wiederum Rachezüge provozierender unerbittlicher Härte begegnet. Der Thronfolger Carol II. verzichtet wegen eines außerehelichen Liebesverhältnisses auf den Thron, so dass 1926 nach dem Tod Ferdinands I. zunächst sein knapp sechs-jähriger Sohn Mihai bzw. an dessen Stelle ein dreiköpfiger Regentschaftsrat regiert. 1930 kehrt Carol II. vorzeitig aus dem Exil zurück und etabliert nach wechselvollen, unsteten Regierungsjahren 1938 eine Königsdiktatur, der jedoch angesichts der stets wechselnden Regierungen politisch stützende Kräfte fehlen. An die Stelle der aufge-lösten Parteien tritt eine Einheitspartei »Front der nationalen Wiedergeburt«. Ver-stärkt wird die krisenhafte Situation durch die negativen Auswirkungen der Welt-wirtschaftskrise auf die Exporterlöse der Agrarprodukte und die Schuldenlast beim Ausland. Als Ausweg werden in den 30er Jahren die Handelsbeziehungen zu Deutschland intensiviert, das an Agrarprodukten zur Versorgung seiner Truppen und vor allem am rumänischen Erdöl für kriegswichtige Produktionen interessiert ist. Ab 1940 sichert ein Ölpakt Deutschland die gesamte rumänische Erdölförderung zu niedrigsten, für die rumänische Wirtschaft ruinösen Preisen.2 Dennoch sucht Ru-1Brief vom 28.12.1941 an Nadia Boulanger, Muzica 4/2000, S. 65; »Ich spiele oft, allein und mit Enesco. Ich komponiere auch. Wir warten auf das Ende dieses Krieges und auf den Tag, an dem wir unsere lieben Pariser Freunde wiedersehen können.« 2Vgl. Schieder, Theodor (Hrsg.): Europa im Zeitalter der Weltmächte. Handbuch der europäischen Ge-