36Bukarest 1939–1943 mänien lange Zeit, politisch doppelbödig, noch die Nähe zu Frankreich und eben-falls schon die zum faschistischen Italien.3 Nach anfänglichen Bemühungen um Neutralität stellt sich Rumänien nach Hitlers »Blitzkriegen« gegen Frankreich und Polen 1940 auf die deutsche Seite. Diese fordert jedoch als Bedingung für die Ent-sendung deutscher »Lehrtruppen«4 die rumänische Akzeptanz der Revisionsforde-rungen seiner Nachbarstaaten. So verliert Rumänien nach dem sowjetischen Ulti-matum vom 26.06.1940 die Nordbukowina und Bessarabien wieder an die Sowjet-union, nach dem Zweiten Wiener Schiedsspruch am 30.08.1940 Nordsiebenbürgen an Ungarn und nach dem Vertrag von Craiova am 06.09.1940 die Süddobrudscha an Bulgarien. Innenpolitisch hat diese Demütigung die Abdankung von König Ca-rol II. zur Folge, dessen 19jähriger Sohn Mihai die unbeschränkte diktatorische Voll-macht de facto dem zum »Staatsführer« ernannten Marschall Antonescu übergibt, wodurch vorübergehend die faschistischen »Legionäre« zur Regierungsmacht, dann jedoch von Antonescu wieder eliminiert werden. Damit wird Rumänien zum Verbündeten der Achsenmächte »und zum einzigen Satelliten des nationalsozialisti-schen Deutschlands«5 und nimmt am Krieg gegen die Sowjetunion mit dem eigenen Ziel der Rückeroberung der nördlichen Gebiete teil. Im Sommer 1941 erklärt Anto-nescu als Befehlshaber einer deutsch-rumänischen Armee der Sowjetunion den Krieg, um kurz darauf Bessarabien und die Nordbukowina zurückzuerobern. Der weitere Anschluss an die deutsche Front ist mit gewaltigen Verlusten verbunden, so dass Rumänien nach dem Trauma von Stalingrad beginnt, einen Wechsel der Fron-ten zu lancieren, der am 23. August 1944 von König Mihai durch Entlassung und Verhaftung Antonescus vollzogen bzw. von der sowjetischen Offensive und dem Zusammenbruch der rumänisch-deutschen Front erzwungen wird.3.2 Lipattis Rückkehr nach Rumänien In den ersten Kriegsjahren findet das gesellschaftliche musikalische Leben in Buka-rest weiter statt. Valentin Lipatti betont: »In unserem Haus betrieb man keine Poli-tik, Vater gehörte keiner Partei an und wollte auch nicht, dass seine Söhne einen an-deren Weg einschlügen als er.«6Dinu Lipatti bricht unmittelbar nach seiner Ankunft in Bukarest im Juli 1939 noch einmal zu einer europäischen Konzertreise mit Recitals in Wien, Bratislava, Berlin, Dresden, Leipzig,7 Pesaro und Triest auf. Dass die Rückkehr nach Rumänien definitiv sein würde, steht für ihn im Juli 1939 noch nicht fest. Anna Lipatti hatte schichte, Bd. 7, Stuttgart 1979, S. 1152.3Vgl. a.a.O., S. 1146.4A.a.O., S. 1153.5A.a.O., S. 1135.6V. Lipatti, 1994, S. 46; »În casa noastră nu se făcea politică, tata nu aparținea nici unui partid și nu voia ca băieții lui să aleagă o altă cale decît el.«7Dort macht er Bekanntschaft mit Wilhelm Kempff; Lipatti nimmt Kempffs Klavierbearbeitung der Sonate für Flöte und Cembalo Nr. 2 von J. S. Bach in sein Konzertprogramm auf, vgl. CD EMI 7 69800 2.