48Genf 1943–1950 Bartók, Martinů, Honegger, Martin oder Hindemith ist. Auf die Initiative Maja Sa-chers hin wird im Sommer 1950 die Behandlung von Lipattis Krankheitssymptomen mit dem bis dahin nur in Amerika angewandten Cortison begonnen, das ihm für kurze Zeit die Regeneration seiner Kräfte und dadurch die Einspielung zahlreicher maßgeblicher Interpretationen ermöglicht. Ein anderes Medikament wird ihm durch anonyme Spender aus der Schweiz, aber auch durch renommierte Musiker wie Yehudi Menuhin und Charles Münch finanziert. Weitere finanzielle Hilfe erhält Lipatti auf Initiative Gagnebins hin, der einen Unterstützerkreis organisiert hat.17Intensive Kontakte bestehen zu Arthur und Vaura Honegger, Bohuslav Martinů, Hermann Scherchen, Georges und Cécile Schwob, Nikita und Irène Magaloff und Frank und Maria Martin, wodurch Lipatti auch am Entstehungsprozess von Mar-tins In Terra Pax (1944) Anteil nimmt: »La musique de Frank Martin nous assurait que des temps meilleurs allaient venir.«18 In Luzern macht Lipatti die Bekanntschaft mit Carl Flesch, bei dem sein Vater Violine studiert hatte. Madeleine Lipatti betont die Erweiterung des kulturellen Ho-rizonts durch die Kontakte zu den Persönlichkeiten des europäischen Kulturlebens, indem sie über die geführten Gespräche schreibt: »Nous y assistons comme à une pièce de théâtre! Un monde inconnu nous était révélé. Dinu et moi-même avions fait nos études musicales à Paris, mais nous ignorions tant de choses qui appartiennent à l’occident … nous étions deux jeunes ›paysans du Danube‹!«19Der Dirigent Ernest Ansermet setzt sich durch die Aufführung mehrerer Komposi-tionen Lipattis mit dem Orchestre de la Suisse Romande für deren Rezeption ein20 und ist der Widmungsträger der Orchesterfassung der Danses Roumaines (1945). Er hebt die natürliche Begabung Lipattis zur Komposition hervor: »Composer lui était aussi facile que de jouer de piano, et il avait du compositeur-né cette marque in-faillible, que lorsqu’il se mettait à écrire, ce n’était pas pour ›chercher‹ mais pour ›trouver‹.«21 Im Austausch mit Pianisten wie Schnabel, Backhaus, Fischer, Gieseking oder Magaloff sucht Lipatti die Erweiterung seiner Kenntnisse; er zeigt sich fasziniert von Fischer bezüglich dessen Beethoven-Interpretationen22 und von Schnabel we-17Vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 110, laut den Autoren beträgt die Summe 28 000 Schweizer Franken.18M. Lipatti, 1970, S. 22; »Die Musik Frank Martins gab uns die Zuversicht, dass bessere Zeiten kom-men werden.« Martin widmet Lipatti seine Préludes für Klavier, vgl. II.2.4.3 »Lipatti als Lehrer«.19M. Lipatti, 1970, S. 19; »Wir erlebten sie wie ein Theaterstück! Uns wurde eine unbekannte Welt of-fenbart. Dinu und ich hatten unsere musikalischen Studien in Paris absolviert, aber wir kannten so viele Dinge des Westens nicht … wir waren zwei junge ›Bauern von der Donau‹!«20Die einzigen derzeit erhältlichen Aufnahmen der Suite Șătrarii, der Danses Roumaines und der Sym-phonie Concertante sind unter seiner Leitung entstanden, vgl. CD ARC 112/113.21Ansermet, Ernest: Hommage, in: M. Lipatti, 1970, S. 39; »Komponieren fiel ihm genauso leicht wie Klavierspielen, und er hatte dieses unfehlbare Merkmal des geborenen Komponisten, dass er nicht anfing zu schreiben, um zu ›suchen‹, sondern um zu ›finden‹«.22Vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 82.