52Genf 1943–1950 moi.«38 Im Herbst 1950 wird Anna Lipatti die erneute Ausreise gestattet, so dass sie die letzten Lebenswochen Lipattis aus ihrer eigenen Erinnerung festhält: »Le bonheur de nous revoir, je ne puis le décrire. […] J’étais émerveillée de son jeu si personnel; tant de finesse, de rythmes légers et sûrs. […] Chaque jour on lui faisait une transfusion. Pourtant je ne me rendais pas compte de la gravité de son mal. C’est qu’il mettait une telle volonté à vivre.«394.3 Lipatti als LehrerAm 1. April 1944 wird Lipatti zum Professor einer Meisterklasse für Klavier am Konservatorium in Genf ernannt. Die im Folgenden dargestellten Leitlinien seiner pädagogischen Tätigkeit geben Aufschluss über sein musikalisches Denken; zudem trägt die Professur zur Festigung seines Rufes und der Rezeption seines Lebens-werks und damit auch seiner Kompositionen bei. Lipattis Unterricht basiert auf den Grundprinzipien seiner Lehrerin Musicescu, d. h. einer systematischen Verbindung von Technik, musikalischer Intuition und akribischer Genauigkeit bei der Durchdringung und Verinnerlichung der komposi-torischen Ideen, so dass Magaloff ihn als wichtige Brücke zwischen west- und ost-europäischer Lehre sieht: Lipatti habe »die neue pianistische Didaktik in den Wes-ten gebracht.«40 In Briefen an Musicescu äußert Lipatti in den ersten beiden Jahren jedoch Unzu-friedenheit und Zweifel an seinen pädagogischen Fähigkeiten. Im April 1946 schreibt er: »loin de déployer le quart de ce que vous nous avez donné, je tâche, pourtant, de transmettre un héritage qui m’est cher. […] je n’en ai pas la vocation! Bien souvent, mélancoliquement, je pense que ces matinées passées à corriger des êtres qui, la plupart du temps n’ont rien à voir avec la musique, sont des mati-nées perdues pour moi et que la vie est trop courte pour s’éparpiller ainsi.«4138Brief vom 01.12.1949 an Nadia Boulanger, Muzica 4/2000, Bukarest S. 80; »die rumänische Zensur stoppt rigoros alles, was zu mir kommt und von mir weggeht.«39A. Lipatti, 1967, S. 63; »Ich kann das Glück, uns wiederzusehen, nicht beschreiben. […] Ich war ent-zückt von seinem Spiel, das so persönlich, so von Finesse, von leichten und sicheren Rhythmen war. […] Jeden Tag verabreichte man ihm eine Transfusion. Dennoch machte ich mir den Ernst seiner Lage nicht klar. Das lag daran, dass er so einen Lebenswillen hatte.«40Magaloff, Nikita: Anche un innovatore, in: Musica 51 / 1988, S. 48; »›importato‹ la nuova didattica pianistica della Musicescu in Occidente.« 41Brief vom 22.04.1946 an Florica Musicescu, zit. nach Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 89; »Weit davon entfernt, ein Viertel von dem zu vermitteln, was Sie uns gegeben haben, versuche ich dennoch, ein Erbe, das mir teuer ist, weiterzugeben. Ich habe dazu nicht die Berufung! […] Oft genug denke ich melancholisch, dass die Morgende, die vergehen beim Korrigieren von Wesen, die die meiste Zeit nichts mit Musik zu tun haben, für mich verlorene Vormittage sind und dass das Leben zu kurz ist, um sich derart zu verzetteln.«